19.06.1864 - 150 Jahre USS Kearsarge vs. CSS Alabama

 

USS Kearsarge

Die Sloop Kearsarge der Nordstaaten wurde durch das Gefecht bei Cherbourg gegen die Alabama der Südstaaten vor 150 Jahre berühmt (siehe Jahrestage auf Modellmarine). Immerhin gelang es der Kearsarge damals den erfolgreichsten Handelsstörer der Südstaaten zu versenken. Obwohl beide Schiffe ähnlich groß und ähnlich starb bewaffnet waren, erzielte die Besatzung der Kearsarge trotz oder gerade wegen ihrer geringeren Feuergeschwindigkeit deutlich mehr Treffer, die zum Untergang der Alabama führten.

Das Original

Nach dem die US Navy eine Reihe von größeren Dampffregatten und -sloops gebaut hatte, bestand in den 1850ern ein Bedarf für Kreuzer mit geringerem Tiefgang, z.B. für den Einsatz in chinesischen Gewässern. Anforderungen für die neuen Sloops von 1858 waren eine hohe Geschwindigkeit und schwere Kanonen. Sehr bemerkenswert für die damalige Zeit war, dass der Dampfantrieb der Hauptantrieb war und die Segeltakelage nur als Hilfsantrieb betrachtet wurde (das sollte sich später wieder ändern!). Um die für die erforderliche Geschwindigkeit notwendigen Maschinen und Kessel einbauen zu können und gleichzeitig den Tiefgang gering zu halten, erhielten die Sloops einen relativ langen Rumpf. Die Länge entsprach etwa den großen 24-Pfünder-Fregatten wie USS Constitution. Während diese Fregatten mit etwa 55 Kanonen bewaffnet waren und deutlich mehr Verdrängung aufwiesen, erhielten die neuen Sloops nur sieben bis acht, allerdings deutlich schwerere Kanonen, darunter meist zwei 28 cm-Geschütze. Theoretisch hatten diese schweren Kanonen eine sehr viel größere Waffenwirkung und eine größere Reichweite als viele kleinere Geschütze. Da die Sloops aber nur geringen Freibord besaßen und dazu stark rollten, konnte dieser Vorteil nur bei ruhiger See ausgenutzt werden - wie 1864 bei Cherbourg.

Insgesamt elf Schiffe wurden gebaut. Sieben wurden nach sieben (!) unterschiedlichen Entwürfen 1859 begonnen: Mohican, Wyoming, Iroquois, Dacotah, Pawnee, Seminole und Narragansett. Die letzten beiden fielen etwas kleiner als die anderen Schiffe aus, während Pawnee, die von einer privaten Werft entworfen worden war, stark von den anderen abwich. Nach Ausbruch des Amerikanischen Bürgerkriegs 1861 wurden vier weitere Schiffe bestellt: Oneida und Wachusett nach dem Entwurf der Iroquois, die Tuscarora auf der Basis der Wyoming und die Kearsarge auf der Basis der Mohican. Abgesehen von der Kearsarge, benannt nach einem Berg, klingen die meisten dieser Namen heute ungewohnt für US Navy-Schiffe. Und der Name der Kearsarge klingt wahrscheinlich nur deshalb bekannt, weil dieses Schiff berühmt wurde und drei andere Schiffe nach ihr benannt wurden: ein Schlachtschiff der gleichnamigen Klasse von 1898  ein Flugzeugträger der Essex-Klasse von 1945 und ein noch in Dienst befindlicher Landungsträger der Wasp-Klasse von 1992.

USS Kearsarge

Kearsarge war 61,34 m lang, 10,06 m breit und verdrängte 1570 t. Der Antrieb bestand aus einer 822 PS starken Dampfmaschine, mit der sie 11,2 kn erreichte. Dazu gab es eine Barktakelage als Hilfsantrieb. Die Besatzung setzte sich am 19. Juni 1864 aus 162 Mann zusammen.

Bewaffnung 1864
2 x 28 cm Dahlgren (Pivot-Lafetten)
1 x 30-Pfünder (11,2 cm, Dahlgren, Pivot-Lafetten)
4 x 32-Pfünder (ca. 16,3 cm)

Kearsarge wurde 1861-62 auf der Marinewerft Portsmouth (in Kittery, bei Portsmouth, New Hampshire) gebaut. Nach Indienststellung wurde sie auf die Jagd nach Handelsstörern der Südstaaten geschickt. Noch 1862 gelang es ihr, die CSS Sumter in Gibraltar zu blockieren, so dass diese dort aufgegeben wurde. Der Kapitän der CSS Sumter, Raphael Semmes, und ein Teil der Besatzung konnte aber entkommen und bildete anschließend den Kern der Besatzung der CSS Alabama, die zum erfolgreichsten Handelstörer der Südstaaten wurde. Kaum dass die Alabama im August 1862 in Dienst gestellt worden war, wurde die Kearsarge unter Kapitän Charles W. Pickering auf ihre Fährte gesetzt. Erst am 14. Juni 1864 fand sein Nachfolger, Kapitän John A. Winslow, die Alamaba schließlich im Hafen von Cherbourg. Bei dem folgenden Gefecht am 19. Juni gelang es der Kearsarge die Alabama zu versenken. Drei Mann der Besatzung wurden verwundet, wovon einer am nächsten Tag starb. Das Schiff erlitt nur geringe Schäden. Semmes konnte übrigens wieder entkommen, reiste nach Amerika zurück und kämpfte nun als Konteradmiral weiter für die Sache der Konföderierten...

USS Kearsarge, hinten CSS Alabama

Nach dem Gefecht blieb Kearsarge, die zu einer Ikone der US Navy geworden war, noch lange im Dienst. Im Bürgerkrieg suchte sie weiter nach Handelsstörern und Blockadebrecher der Südstaaten, konnte aber keinen weiteren stellen. In Friedenszeiten diente sie lange im Pazifik, ab 1879 wieder im Atlantik. Für die Friedenseinsätze war sie umgebaut worden: das Heck wurde stark modifiziert, der Kiel vertieft, der Deckssprung begradigt, achtern kam ein Poopdeck dazu, die Back wurde erweitert, zuletzt erhielt sie auch neue Maschinen. Viele der Rumpfmodifikationen dienten dazu, ihr Seeverhalten zu verbessern (sie war zuvor bekannt dafür, dass sie furchtbar rollte) - insbesondere unter Segel. Im "dunklen Mittelalter" der amerikanischen Marine nach dem Bürgerkrieg (und vor etwa 1883) wurden viele der auf Dampfantrieb optimierten Kreuzer zu Segelschiffen mit Hilfsantrieb umgebaut. So konnten die Schiffe billig unter Segel die Flagge zeigen. Auch die Kearsarge wurde entsprechend modifiziert, neben den entsprechenden Modifikationen des Rumpfs wurde die Segeltakelage deutlich vergrößert.

Kearsarge diente weiter dazu die Flagge zu zeigen. Bei einem dieser Einsätze in der Karibik lief sie am 2. Februar 1894 auf ein Riff bei Roncador Cay, ein Teil der Roncador Bank in der südwestlichen Karibik. Eine Bergung des berühmten Schiffs wurde erwogen (und finanziell gebilligt), erwies sich aber als unmöglich.

Das Modell

Bisher sieht es mit Modellen aus der Epoche des Amerikanischen Bürgerkriegs im Maßstab 1/700 - abgesehen von zahlreichen Modellen von Panzerschiffen - recht mau aus. Die einzige Möglichkeit war also ein Eigenbau. Mein Modell soll den Bauzustand von 1864 darstellen. Meine wichtigste Quelle war die Artikelserie Reconstructing USS Kearsarge, 1864 von Arthur C. Roberts, in der dieser Bauzustand beschrieben wird, der sich deutlich vom Aussehen der Kearsarge in ihren letzten Jahren unterscheidet.

Als ersten Schritt habe ich die Pläne auf 1/700 verkleinert (wobei ich als Maßstab eine Breite von 33 ft angenommen habe) und danach am Computer (mit Corel Draw) in den Längsschnitt die Platten eingezeichnet, um zu bestimmen, aus wie vielen und wie dicken Plastikplatten ich den Rumpf aufbauen kann. Danach habe ich die Aufsicht ausgeschnitten und mit Pritt-Stift auf Plastikplatten geklebt, sodass der Ausdruck als Schablone zum Ausschneiden der Plastikplatten dient (danach kann das Papier wieder leicht entfernt werden). Die meisten sonstigen Abmessungen habe ich nicht von den 1/700-Plänen abgenommen, sondern von den größeren Plänen in Reconstructing USS Kearsarge, 1864. Dadurch ist der Messfehler kleiner. Der Rumpf besteht aus drei 0,5 mm dicken Platten und einer 0,25 mm dicken Platte. Achtern wurde der Deckssprung mit zwei 0,5 mm und einer 0,25 mm dicken Platte dargestellt. Am Bug dienten drei 0,5 mm dicke Platten dem gleichen Zweck. Darauf kam als Oberdeck eine 0,64 mm dicke Platte (V Groove) von Evergreen mit Gravuren für die Darstellung der Planken. Diese Platte wurde gebogen aufgeklebt, um so den Deckssprung wiederzugeben. Die Lücken zwischen der Decksplatte und der Stufen-förmigen Rumpfstruktur darunter habe ich mit Spachtelmasse aufgefüllt. Danach habe ich den Rumpf in Form geschliffen.

Auf das Oberdeck kam dann das Schanzkleid. Am Bug ist es vorne höher, deshalb besteht es dort aus zurecht geschnittenen 0,5 mm dicken Platten. Dahinter besteht das Schanzkleid aus 0,5 mm dicken und 1 mm hohen Streifen, von denen ich jeweils zwei übereinander geklebt habe, um die richtige Höhe zu erreichen. Die Stückpforten für die 32-Pfünder habe ich mit einem Abstandshalter aus Plastik abgemessen. Die Stückpforten für die 28 cm-Geschütze sind so groß, dass sie leicht abmessbar sind. Das achterne Schanzkleid besteht wieder aus zurecht geschnittenen 0,5 mm-Platten. Das Schanzkleid am Bug und Heck wurde anschließen in Form geschliffen. Die Stückpforten für die 28 cm-Geschütze habe ich oben offen gelassen, da die Geschütze sonst durch den Abschluss feuern würden. Die Stückpforten der 32-Pfünder erhielten dagegen oben einen Abschluss. In das Schanzkleid am Bug wurde das Backdeck eingesetzt, dass aus einer 0,64 mm dicken Platte (V Groove) besteht und das ich mit einem niedrigen Schanzkleid versehen habe.

Auf das Oberdeck kamen diverse Luken und kleine Deckshäuser. Den Schornstein wollte ich ursprünglich aus Messingrohr herstellen (wie hier beschrieben) und hatte auch schon diverse Rohre gekauft. Allerdings gab es keine Messingrohre mit einem Durchmesser, der gepasst hätte. Ich habe versucht den Schornstein aus 0,125 mm dicken Plastikplatten zu biegen, was mir nicht gelungen ist. Deshalb habe ich normales 80 g Papier (das normale Druckerpapier) benutzt, das sich viel leichter biegen lässt. Das Papier wurde dann noch mit Sekundenkleber eingepinselt, um es zu stabilisieren.

Bevor ich mit der Galion begonnen habe, habe ich das Bugspriet eingebaut, das aus 0,8 mm dickem Messingdraht besteht. Das erste Teil der Galion selbst war der Scheg, der aus einer Plastikplatte hergestellt wurde, deren Form ich mittels einer aus dem Plan ausgeschnittenen Schablone bestimmt habe. Auf den Scheg und Rumpf habe ich das Schloiknie geklebt, das aus aus Papier besteht und ebenfalls aus dem Plan ausgeschnitten wurde. Die Galionsgrätings (falls es überhaupt Grätings waren) habe ich aus zwei Plastikplatten gebaut, also nicht als Gitterstruktur. Zwischen den beiden Platten ist das Bugspriet. Seitlich habe ich ein niedriges Schanzkleid aus Evergreen-Profilen angebracht. Die Galion habe ich verkleidet gebaut, d.h. ich habe zwischen Galionsgrätings und Scheg auf beiden Seiten jeweils eine Platte eingefügt.

Der nächste Schritt war die "Panzerung" der Kearsarge. Die Panzerung bestand aus Ankerketten, die an der Bordwand auf der Höhe des Maschinenraums befestigt waren. Darüber war eine Verkleidung aus Holz angebracht. Die Abmessungen findet man in der schon erwähnten Artikelserie Reconstructing USS Kearsarge, 1864  - allerdings steht dort nichts über die Dicke. Ich habe nach einigem Grübeln eine 0,25 mm-Platte angeklebt, was mir mit 17,5 cm beim Original dünn erscheint, aber im Vergleich zu Modell- und Originalfotos gut wirkt.

Danach habe ich Untermasten, Topspieren und Klüverbaum angebracht, die aus Messing- bzw. Silberdraht bestehen. Das Modell habe ich anschließend mit einer Sprühdose weiß grundiert. Die Innenseite des Schanzkleids und die Masten habe ich mit Vallejo 4 Cremeweiß, die Decks mit 110 Achatgrau, die Rumpfaußenseiten und den Schornstein mit 167 Anthrazitgrau und die Luken und Deckshäuser mit 139 Mahagonibraun bemalt. Ob dies dem Anstrich während des Gefechts in Cherbourg entspricht, konnte ich nicht sicher feststellen. Alternative Möglichkeiten wären ein grauer Anstrich (wie ihn viele Schiffe der Nordstaaten während der Blockade des Südens trugen) oder ein weißer Streifen oben am Rumpf (wie die viktorianischen Anstriche). Anschließend kamen mehr Details aufs Deck, wie Gangspill, Lüfter (Resinteile von BMK), der Schornstein der Kombüse und die Schienen der Pivot-Geschütze, die ich aus 0,1 mm Kupferdraht gebaut habe.

Drei der sieben Geschütze der Kearsarge waren Pivot-Geschütze: ein 30-Pfünder Dahlgren auf der Back sowie zwei 28 cm-Dahlgren, die mittschiffs standen. Die Lafetten habe ich aus diversen Plastikstäben und- platten gebaut. Die Lafette z.B. der 28 cm-Geschütze besteht aus zwölf Teilen, ist aber meiner Meinung nach deutlich einfacher herzustellen, als die Rohre selbst. Die Rohre habe ich aus einem Plastikstab geschliffen (was ich niemanden empfehlen würde!). Die Lafetten der vier 32-Pfünder, die typischen Lafetten, wie man sie aus der Segelschiffszeit kennt, sind sehr viel einfacher konstruiert worden: Sie bestehen aus zwei Plastikstäben für die Räder/Achsen, auf die zwei Platten geklebt wurden. Zwischen diesen wurde jeweils das Rohr angebracht, das erneut aus einem Plastikstab geschliffen wurde.

Nach ein paar kleineren Teilen wie Ruder, den Steuerrädern (Fotoätzteile von Ocean Spirit mit ein paar Plastikteilen kombiniert) und Marsen (aus diversen Plastikstäben und Platten) kamen als nächstes die Rahe, Gaffeln und der Gaffelbaum an Bord. Wie die Masten sind letztere aus Metallstäben. Die Segel habe ich im eingeholten Zustand mit Weißleim dargestellt. Nachdem auch die Segel mit etwas abgedunkeltem Weiß bemalt waren, habe ich die Stage aus UNI-Caenis 20 Denier-Faden angebracht. Dabei messe ich die Entfernung mit einem Zirkel ab und klebe dann mit Hilfe eines alten Pinsel den Faden im nicht gespannten Zustand mit Weißleim an. Die Taue spanne ich anschließend mit Hitze, genauer mit einem Heißwachsspachtelgerät, nach.

Als nächstes waren die Wanten an der Reihe. Es gibt fotogeätzte Wanten u.a. von Ocean Spirit, Battlefleet Models, Atlantic Models und Saemann Ätztechnik. Von diesen Sätzen waren nur die von Atlantic Models halbwegs passend. Ich musste die Zahl der Wanten reduzieren, um die Teile, die von der Höhe halbwegs richtig waren, anzupassen. Als letzte Teile der Takelage wurden die Pardunen und Brassen angebracht, wobei ich wie bei den Stagen vorgegangen bin.

Zum Abschluss kamen noch die Beiboote und Anker an Bord. Die Boote sind von Kombrig und wurden, wie in Reconstructing USS Kearsarge, 1864 beschrieben überwiegend Weiß bemalt und der Boden der Boote mit Vallejo 57 Enzianblau gestrichen. Die Davits, Ankerkräne und Kräne bei den großen Pivot-Geschützen bestehen aus Fotoätzteilen von BJ-Modellbau. Die Anker sind auf Stockanker umgebaute Anker von North Star Models, ein etwas dickerer Plastikstab stellt den hölzernen Stock dar. Die Ankerketten sind von BJ-Modellbau.

Hier eine Reihe von Größenvergleichen des fertigen Modells: links der Stolz der Alten US Navy, die Kearsarge, mit dem ersten Kreuzer der Neuen US Navy, der USS Chicago von 1885; in der Mitte ein Vergleich mit dem Zerstörer USS Fletcher von 1979 der Spruance-Klasse; rechts ein Euro-Cent.

Quellen

  • Reconstructing USS Kearsarge, 1864 von Arthur C. Roberts im Nautical Research Journal 44(4), 45(1), 45(2) und 45(3) ( (Dezember 1999 bis September 2000)
  • The old steam navy. Volume 1: Frigates, sloops, and gunboats, 1815-1885 von Donald L Canney, Annapolis, 1990
  • The Union Navy during the Civil War, 1861-65 von Donald L Canney in Warship 1995 von John Roberts (Herausgeber), London, 1995
  • The Alabama & the Kearsarge. The Sailor's Civil War von William Marvel, Chapel Hill, 1996
  • USS Kearsarge (1861) (Wikipedia)
  • Kearsarge (Directionary of American Naval Ships)
  • USS Kearsarge (1862-1894) (Naval Historical Center)
  • Conway's All the World's Fighting Ships 1860-1905 von Robert Gardiner (Herausgeber), London, 1979

USS Kearsarge

Lars