27.07.1931 - 90 Jahre Treffen von Malygin und Graf Zeppelin
Heute vor 90 Jahren, am 27. Juli 1931, trafen sich der sowjetische Eisbrecher Malygin und das deutsche Luftschiff LZ 127 Graf Zeppelin in der Stillen Bucht der Hooker-Insel, eine der Insel des Franz-Josef-Lands (siehe Jahrestage auf Modellmarine). Dieses Treffen diente der Austausch von Post, die an Philatelisten weltweit geschickt wurden, die so zu der Finanzierung der Polarfahrt der Graf Zeppelin beitrugen. Diese Polarfahrt sollte dazu dienen, Teile der Arktis zu erforschen und mittels Luftbildfotografie zu kartografieren. Eine ursprünglich geplante Zwischenlandung in Nome in Alaska mussten genauso entfallen wie ein Treffen mit dem U-Boot Nautilus (ex USS O-12) am Nordpol, letzteres, da das U-Boot zu unzuverlässig und technisch nicht geeignet für eine solche Fahrt war. Das Treffen wurde durch eines mit dem Eisbrecher Malygin ersetzt, der für eine Expedition zur Erforschung des Franz-Josef-Lands in die Arktis fuhr. Graf Zeppelin flog nach dem Treffen mit der Malygin über Sewernaja Semlja, die Taimyrhalbinsel und Nowaja Semlja. Neben der Fotografie sammelte sie meteorologische Daten (u.a. mit Hilfe von Wetterballons) sowie führte Messung des Magnetfelds durch. Durch den Flug konnten die Karten der Arktis korrigiert sowie die Ausmaße des Packeis und einiger Gletscher bestimmt werden.
Das Original: sowjetischer Eisbrecher Malygin
Der sowjetische Eisbrecher Malygin (Малыгин) wurde 1911-12 als Bruce für die Reederei Reid Newfoundland Co. Ltd. gebaut und wurde zwischen Neufundland und Nova Scotia eingesetzt. Es war ein Fracht- und Passagierschiff, das auch Post transportierte und wegen der Verhältnisse als Eisbrecher ausgelegt war. Bruce war Teil der "Alphabet Fleet" der Reederei, die an der nördlichen kanadischen Ostküste eingesetzt wurde. Die Reederei bestellte mehrere ähnliche Schiffe bei verschiedenen Werften, so noch Kyle und Lintrose.
Während des Ersten Weltkriegs hatte die russische Regierung einen dringenden Bedarf an Eisbrechern und als Eisbrecher ausgelegten Frachtern und kaufte in Kanada eine größere Zahl von entsprechenden Schiffen, darunter auch die Bruce. Viele dieser Schiffe dienten bis in den Zweiten Weltkrieg oder noch länger und viele wurden auch als Forschungsschiff, um die Nordostpassage zu erschließen, verwendet.
Malygin war 78,9 m (76,2 m?) lang, 14,2 m (11,0 m?) breit und verdrängte 3200 t. Der Antrieb erfolgte durch eine Dreifachexpansionsdampfmaschine mit 2800 PS (3000 PS?), womit 12 kn erreicht wurden. Es konnten etwa 100 Personen an Bord untergebracht werden.
Malygin wurde 1911-12 als Bruce von Napier & Miller Ltd in Glasgow für Reid Newfoundland Co. Ltd. gebaut. 1915 wurde sie an Russland verkauft, wo sie 1916 in Solowej Budimirowitsch (Соловей Будимирович) umbenannt und von Archangelsk aus eingesetzt wurde. Kurz nach der Abfahrt aus Archangelsk am 22. Januar 1920 wurde sie vom Eis eingeschlossen. Sie war noch unter der Herrschaft der Weißen losgefahren, deren Regime aber bald darauf zusammenbrach, worauf die Besetzung sich den Roten anschloss. Um das Schiff zu befreien, musste die (rote) Regierung erst den von den Briten beschlagnahmten Eisbrecher Swiatogor (die spätere Krasin) organisieren, dem es am 19. Juni 1920 gelang das Schiff zu befreien.
1921 wurde sie in Malygin umbenannt (benannt Stepan Gawrilowitsch Malygin, der einen Teil der Zweiten Kamtschatkaexpedition unter Bering kommandierte und einen Teil der Nordostpassage vermaß). Auf ihrer ersten Fahrt unter dem neuen Namen wurde sie als Forschungsschiff vom Plavmornin-Institut in der Barents- und Karasee genutzt. 1928 beteiligte sie sich an den Bemühungen, die Überlebenden der Italia-Expedition zu finden. Hierbei hatte sie ein Bordflugzeug an Bord. Sie kam aber am 20. Juni 1928 im Packeis fest und trieb bis zum 16. Juli. Für die Reparatur der Schäden musste sie nach Archangelsk in den Dock. Am 27. Juli 1931 traf sie sich mit der Graf Zeppelin und tauschte Post aus. Sie führte davor und danach Forschungsaufgaben in der Region durch. 1932 errichtete sie im Rahmen des 2. Polarjahrs eine Forschungsstation auf der Rudolf-Insel und erreichte dabei 82°27', einen Rekord. Am 28. Dezember des gleichen Jahrs lief sie bei einer Versorgungsfahrt für das Kohlebergwerk Barentsburg auf einen Felsen im Spitzbergen-Archipel. Erst am 24. März 1933 gelang es dem Eisbrecher Lenin und dem Bergungsschlepper Ruslan die Malygin zu bergen. Sie wurde darauf von Ruslan nach Murmansk geschleppt, dass erst am 27. April erreicht werden konnte. Die Ruslan sank dabei, wobei der Großteil der Besatzung getötet wurde. 1935 entdeckte Malygin bei der Insel Isachenko eine neue Inselgruppe. Im April 1937 wurde sie zusammen mit den Frachteisbrechern Georgi Sedow und Sadko vom Eis eingeschlossen. Dem Eisbrecher Krasin gelang es nicht die Schiffe zu befreien, erst im September 1938 konnte der Eisbrecher Jermak Malygin und Sadko befreien. Georgi Sedow musste zurück gelassen werden und diente darauf als driftende Forschungsstation bis sie im Januar 1940 von dem Eisbrecher Stalin befreit werden konnte. Malygin selbst sank auf der Rückkehr von einer hydrographischen Expedition am 28. OKtober 1940 im Sturm vor Kamtschatka. Die gesamte Besatzung, 98 Personen, starb bei dem Untergang.
Das Original: deutsches Luftschiff LZ 127 Graf Zeppelin
Das deutsche Luftschiff LZ 127 Graf Zeppelin wurde ursprünglich als Versuchs- und Demonstrationszeppelin gebaut, um danach größere Verkehrszeppeline zu bauen. Sie wurde aber das erfolgreichste Verkehrsluftschiff. Sie überquerte 139 Mal den Atlantik, transportierte 34.000 Passagiere und 78,7 t Fracht sowie legte 1,7 Millionen Kilometer ohne Unfall zurück.
Graf Zeppelin war eine verlängerte Version der LZ 126 (der USS Los Angeles (ZR-3)). Ihre Abmessungen orientierte sich an der Größe der vorhandenen Werfthalle, weshalb ihr Durchmesser für die Länge relativ gering war. Bei Fertigstellung war sie das größte Luftschiff.
Graf Zeppelin war 236,6 m lang, hatte einen Durchmesser von 30,5 m und das maximale Startgewicht (?) war 87 t. Der Antrieb bestand aus fünf Zwölfzylindermotoren mit insgesamt 2850 PS, womit 69 kn (138 km/h) erreicht wurde. Die Motoren wurden mit Benzin oder Blaugas betrieben. Der Auftrieb erfolgte durch 17 Traggaszellen mit 75.000 m3 Wasserstoff und 12 Kraftgaszellen mit 30,000 m3 Blaugas. Die Besatzung bestand aus 45-50 Mann, 25 Passagiere konnten untergebracht werden.
Graf Zeppelin wurde 1926-28 von Luftschiffbau Zeppelin GmbH in Friedrichshafen gebaut. Sie überquerte bereits 1928 auf dem Flug nach Lakehurst bei New York zum ersten Mal den Atlantik. 1929 umrundete sie die Welt, wobei sie von Friedrichshafen, nach Lakehurst, zurück nach Friedrichshafen und dann weiter über Tokio und Los Angeles wieder nach Lakehurst und von dort weiter nach Konstanz flog. Für die eigentliche Weltumrundung - Lakehurst nach Lakehurst - brauchte sie für 33. 234 km 21 Tage, 5 Stunden und 31 Minuten - damals ein Rekord. 1931 flog sie im April nach Palästina und Ägypten. Im Juli folgte die Polarexpedition. Danach diente sie primär für Passagierflüge nach Nord- bzw. Südamerika, nach der Machtergreifung der Nazis wurde sie dazu für Propagandaflüge missbraucht. Nach der Hindenburg-Katastrophe am 6. Mai 1937 wurde auch Graf Zeppelin still gelegt und in der Luftschiffhalle in Frankfurt am Main aufgehängt, wo man sie in den Jahren darauf besichtigen konnte. Ab März 1940 wurde sie verschrottet, es sind nur wenige Teile, u.a. eine Motorgondel im Zeppelin Museum in Friedrichhafen (Fotogalerie), erhalten.
Das Modell: sowjetischer Eisbrecher Malygin
Das Modell des sowjetischen Eisbrechers Malygin baute ich aus Plastikplatten selbst. Leider ist es mir nicht gelungen gute Pläne zu finden. Als Grundlage diente eine Seitenansicht der Malygin (als Solowej Budimirowitsch) in Morskaja Kollektsija 11/2018 sowie Deckspläne der Halbschwester Sadko (ex Lintrose) im gleichen Heft. Die Deckspläne passte ich an die Seitenansicht an, z.B. die Länge der Back. Dazu orientierte ich mich an diversen Fotos der Malygin. Sie wurde etwas umgebaut, u.a. erhielt sie zusätzliche Brückenaufbauten auf dem Peildeck, die allerdings wohl erst nach 1931 errichtet wurden.
Der Rumpf ist aus 0,5-mm-Polystyrolplatten in Schichtbauweise gebaut. Aus dem oben erwähnten Decksplänen erstellte ich eine Schablone aus Papier, die ich mit einem Pritstift auf die Plastikplatten klebte, die Platten ausschnitt und dann das Papier wieder entfernte. Danach schliff ich den Rumpf in Form. Beim Backdeck muss man darauf achten, dass dieses breiter als der Rumpf darunter ist, um den Spantenausfall herausschleifen zu können.
Die Aufbauten bestehen aus 0,25-mm-Plastikplatten und -streifen, der Schornstein aus einem Metallrohr von Albion Alloys, die Masten aus Metallstäben vom gleichen Hersteller. Die mit Persening behängte Reling ist aus Fotoätzteilen aus der Restekiste gemacht, die Persenning ist mit verdünnten Weißleim dargestellt. Auch für die Ankerketten und Rettungsringe verwendete ich Fotoätzteile aus der Restekiste. Die Lüfter sind Resinteile von BMK, die Beiboote sind von Modelkrak und die Winden von Battlefleet Models. Die Anker sind Fotoätzteile von BJ-Modellbau. Die Davits sind aus 0,15-mm-Kupferdraht gebogen. Getakelt wurde mit schwarzen 20 Denier Faden von UNI Caenis.
Für die Bemalung nutzte ich Acrylfarben von Vallejo Model Color: 167 Anthrazitgrau für den Rumpf und Schornstein, 4 Cremeweiß für die Aufbauten, 110 Achatgrau für die Decks, 120 Beige für die Masten, 139 Mahagonibraun für die geschlossene Reling und die Oberlichter sowie 52 Blau für den Schornsteinring.
Links ein Vergleich mit zwei Eisbrechern, der Krasin (1917) und Lenin (1959). Rechts mit zwei Vermessungs- und Forschungsschiffen, der Georgi Sedow (1967) und Manchu (1901), letztere war ursprünglich wie Malygin als Fracht- und Passagierschiff gebaut worden.
Das Modell: deutsches Luftschiff LZ 127 Graf Zeppelin
Das Luftschiff LZ 127 Graf Zeppelin baute ich aus dem Spritzgussbausatz von Mark I Models. Dieser ist nicht im Maßstab 1/700, sondern 1/720 (laut Hersteller, um zu den Bausätzen der LZ 129 Hindenburg und LZ 130 Graf Zeppelin II von Revell zu passen). Der Bausatz ermöglicht die Darstellung verschiedener Bauzustände, u.a. liegt ein alternatives unteres Seitenleitwerk bei. Möglich sind die Zustände von 1928-29 ("erste Flüge"), 1929 ("Weltfahrt"), 1933-36 ("kommerzielle und Propagandaflüge") sowie 1936-37 ("letzte Flüge"). Ich baute den Zustand von 1929, aber mit den Propellern der späteren Bauzustände, um den Zustand von 1931 darzustellen.
Der Bausatz besteht nur aus relativ wenigen Teilen, ist aber natürlich von den Abmessungen gewaltig. Insbesondere bei den kleineren Teilen gibt es starken Formenversatz, weshalb man z.B. den Motorgondeln ziemlich nacharbeiten muss. Die Verstrebungen der Motorgondeln ersetze ich durch 0,2-mm-Metallstäbe von Albion Alloys. Die Bemalung erfolgte mit einer Sprühdose von Tamiya (PS-48, semi-gloss silver anodized aluminium). Die Abziehbilder sind aus dem Bausatz.
Quellen
- Eisbrecher aus aller Welt von Bernd Oesterle, Moers, 1988
- Гордость Страны Советов: ледокольные пароходы Севера 1915-1964 (Часть 1) (Stolz des Sowjetlandes: Eisbrecher des Nordens 1915-1964 (Teil 1)) von R.W. Lapschin (Р.В. Лапшин), Морская коллекция (Morskaja Kollektsija) 11/2018
- Malygin (1912 icebreaker) (Wikipedia)
- Малыгин (ледокол) (Wikipedia)
- Screw Steamer Bruce built by Napier (clydeships.co.uk)
- Малыгин (fleetphoto.ru)
- "Малыгин"/"Соловей Будимирович"/"Брюс", ледокольный пароход (Polarpost.ru)
- Ледокол «Малыгин» - почему филателисты знают больше других (philately.ru)
- LZ 127 (Wikipedia)
- 66°30' Nord. Luftschiffe über der Arktis von Jürgen Bleibler, Sabine Mücke, Barbara Waibel und Ursula Zeller (Herausgeber), Bremen, 2009
- Die Aeroarctic und die Arktisfahrt des Luftschiffes „Graf Zeppelin“ LZ 127 im Juli 1931 und die Fahrt des U-Boots „Nautilus“ von B. Schennerlein in Polarforschung, Alfred Wegener Institute for Polar and Marine Research & German Society of Polar Research, 88 (1), S. 31-48, Bremerhaven, 2018
- Das aerophotogrammetrische Forschungsprogramm der Arktisfahrt des Luftschiffes „Graf Zeppelin“ LZ 127 im Jahr 1931 von B. Schennerlein, Polarforschung, Alfred Wegener Institute for Polar and Marine Research & German Society of Polar Research, 84 (2), S. 67-92, Bremerhaven, 2015
Lars