Das Original
Der britische Panzerkreuzer HMS Cressy war das Typschiff einer Klasse von sechs 1898-1904 für die Royal Navy gebauten Einheiten. Die Cressy-Klasse waren die ersten britischen Panzerkreuzer seit der 1885-89 gebauten Orlando-Klasse. Zwischen diesen Klassen hatten die britischen Kreuzer 1. Klasse keinen Seitenpanzer und waren nur durch ein Panzerdeck geschützt, also Geschützte Kreuzer. Neben der Tatsache, dass damals alle anderen großen Marinen schon Panzerkreuzer bauten, waren drei Entwicklungen für den Kurswechsel der Royal Navy ausschlaggebend: a) durch die Entwicklung des Krupp-Verfahrens konnten Panzerplatten dünner und damit leichter ausfallen; b) die Einführung der 15,2-cm-Schnellfeuergeschützen erhöhte die Wahrscheinlichkeit von Treffern; c) die italienische Marine zeigte mit den Panzerkreuzern der Garibaldi-Klasse, dass es möglich war, Kreuzer zu bauen, die von der Panzerung mit zeitgenössischen Schlachtschiffen mithalten konnten. Die Cressy-Klasse war ähnlich wie die Schlachtschiffe der Canopus-Klasse gepanzert. Der Seitenpanzer sollte bewirken, dass Granaten außerhalb des Schiffs explodierten. Die Cressy-Klasse war aus der Diadem-Klasse entwickelt wurden. Sie unterschied sich primär durch den Seitenpanzer und den Ersatz von je zwei 15,2-cm-Geschützen vorne und achtern durch je einen 23,4-cm-Turm. Die Cressy-Klasse waren die ersten großen britischen Kreuzer, die nicht nur zum Schutz der Handelsrouten und zur Aufklärung, sondern auch als schneller Flügel der Schlachtflotte gedacht waren (wie spätere Schlachtkreuzer).
Durch eine veränderte Rumpfform war die Cressy-Klasse eine stabilere Geschützplattform als die Diadem-Klasse. Allerdings neigte sie durch die feinere Bugform und das höhere Gewicht des 23,4-cm-Turms mehr zum Stampfen. Die Schiffe waren auch relativ nass. Einerseits drang durch die unteren Kasematten leicht Wasser ein, andererseits verursachten die Kasematten und andere Vorsprünge, dass viel Gischt hochgewirbelt wurde. Die Cressy-Klasse war im Vergleich zu späteren Panzerkreuzern relativ langsam. Durch die Einführung von verbesserten panzerbrechenden Granaten und immer stärkeren Kalibern bewirkte, dass die Cressy-Klasse relativ schnell nicht mehr als Teil der Schlachtlinie geeignet war - etwas, was die Royal Navy zu spät erkannte, auch die folgenden britischen Panzerkreuzer und die ersten Schlachtkreuzer der Invincible- und Indefatigable-Klasse waren ähnlich wie die Cressy-Klasse gepanzert. Zu Beginn des Ersten Weltkriegs galt die Klasse als veraltet. Sie waren vor dem Krieg in Bezug auf ihre Feuerleitung durch Ergänzung einer Feuerleitposition im Fockmast und Einbau von Entfernungsmessern sowie erhöhte Masten für Funkantennen modifiziert worden. Im Ersten Weltkrieg wurde die Klasse anfangs noch in der Nordsee verwendet, da es an modernen Leichten Kreuzern mangelte. Nach dem Versenkung von Cressy, Aboukir und Hogue am 22. September 1914 durch das deutsche U-Boot U 9 wurden die verbliebenen drei Schwesterschiffe auf entferntere Kriegsschauplätze verlegt. Sie wurden 1917-19 außer Dienst gestellt und Anfang der 1920er abgewrackt.
Cressy war 143,9 m lang, 21,2 m breit und verdrängte 12.000 ts (12.192 t). Der Antrieb erfolgte durch 30 Kessel und zwei Vierzylinder-Dreifachexpansionsdampfmaschinen mit zusammen 21.000 PS, womit 21 kn erreicht werden sollten (Cressy nur 20,7 kn bei der Probefahrt). Die Besatzung bestand aus 760 Mann.
Bewaffnung
2 x 23,4 cm L/46 Mk IX (zwei Einzeltürme)
12 x 15,2 cm L/45 Mk VII (in Kasematten)
12 x 7,6 cm L/40 12-Pfünder (Einzellafetten)
3 x 4,7 cm Hotchkiss 3-Pfünder (Einzellafetten)
2 x 45 cm Torpedorohre (unter Wasser)
Cressy wurde 1898-1901 von Fairfield in Govan (Glasgow) gebaut. Sie diente 1901-04 in China und war danach bei der Reserveflotte. 1907-09 diente sie bei der 4 Cruiser Squadron in Nordamerika und der Karibik (auch als Schulschiff). Danach diente sie bis 1914 bei der 3. Flotte in der Nore (Thames-Mündung). 1914 kam sie mit allen ihren Schwesterschiffen außer Sutley zur 7 Cruiser Squadron in der Nordsee. In der Schlacht von Helgoland am 28. August 1914 diente Cressy als Rückhalt, war aber selbst nicht an der Schlacht beteiligt (bekam aber trotzdem einen Battle Honour hierfür). Am 22. September patrouillierte sie zusammen mit ihren Schwesterschiffen Aboukir und Hogue nördlich von Hoek van Holland, um Truppentransporte im Kanal zu schützen. Sie wurden von dem deutschen U-Boot U 9 angegriffen, dass nacheinander alle drei Panzerkreuzer versenkte. Cressy versuchte das U-Boote anzugreifen, verlor es aber aus den Augen und wurde schließlich auch durch zwei Torpedotreffer versenkt. Dabei starben 560 Mann der Besatzung. 2011 (!) begann ein niederländisches Unternehmen (das anscheinend hierfür die Rechte erworben hatte) mit dem Abwracken.
Das Modell
Das Modell des britischen Panzerkreuzers HMS Cressy habe ich aus dem Bausatz von Kombrig gebaut. Der Bausatz ist relativ neu. Laut Anleitung kann das Modell im Zustand von 1903 und 1914 gebaut werden, wobei die Masten (und die Feuerleitstände auf diesen) der auffälligste Unterschied ist. Ich entschied mich für den Zustand von 1914. In British Warship Recognition Volume III von Perkins werden die verschiedenen Bauzustände beschrieben. Die Zeichnungen in diesem Buch machte mir deutlich, dass die meisten Fotos Cressy in einem frühen Bauzustand zeigen. Ich fand nach längerer Suche lediglich ein Foto der Cressy auf Flickr dank des Hinweis von ChrisP, das das Schiff etwa 1914 zeigen könnte. Ansonsten orientierte ich mich an den Zeichnungen in Perkins und einem Foto der Hogue in British warship photograph collection.
Der Bausatz lies sich relativ gut bauen, ist aber wegen der vielen Teile ein recht aufwendiges Modell. Ein Problem ging ich nicht an: der Bereich an den Schiffsseiten mittschiffs, in dem auf dem Oberdeck die 7,6-cm-Geschütze standen, war überdacht, aber nach mittschiffs hin offen. Beim Bausatz ist dieser Bereich geschlossen dargestellt. Das wäre nur sehr aufwendig zu korrigieren und ist am gebauten Modell kaum sichtbar, weshalb ich es nicht änderte. Ich ergänzte an einer Plattform am Fockmast und der achteren Brücke je eine Range Drum (eine Trommel, die dem Schiffe davor bzw. dahinter anzeigte, auf welche Entfernung Cressy feuerte). Eines der Beiboote fehlte, weshalb ich es aus einem Satz von Kombrig (British Harbor Set) nahm. Die Schlauchtrommeln ersetzte ich durch 3D-gedruckte Teile, die mir dankenswerterweise Christian Abraham zur Verfügung stellte. Auf einem Modell der Cressy im Imperial War Museum ist ein Entfernungsmesser auf einem Potest auf dem Peildeck aufgestellt. Ich dachte mir, dass wenn es Range Drum gab, sollte es auch Entfernungsmesser geben, weshalb ich diesen ergänzte. Pieter hat mich darauf hinwiesen, dass in den Feuerleitständen der Masten auch Entfernungsmesser gewesen sein könnten. Die Fotos sind hier nicht eindeutig, auf einigen Panzerkreuzern der Epoche war auch ein Entfernungsmesser auf dem Peildeck. Das Persenning auf den Reling der vorderen und achteren Brücke stellte ich da, in dem ich verdünnten Weißleim auf die fotogeätzte Reling strich (und später dann nur von außen in der Farbe des Persenning bemalte). Die Masten sind aus Metallstäben von Albion Alloys nach der Anleitung von Kombrig gebaut. Die Takelung erfolgte mit schwarzen 20 Denier Faden von Uni Caenis, den ich mit einem Heißwachsspachtelgerät nachspannte. In der Anleitung von Kombrig ist nur die Takelung eines frühen Bauzustands gezeigt, die Zeichnung stammt wohl aus British Cruisers of the Victorian Era. Ich orientierte mich deshalb primär an Fotos, u.a. an dem schon erwähnten Foto der Hogue in British warship photograph collection.
In Bezug auf den genauen Anstrich war ich mir unsicher. Ich denke, dass Cressy bei ihrer Versenkung noch in dem ziemlich dunklen Grau gestrichen war. Ich benutzte folgende Acrylfarben von Vallejo Model Colour: 160 (992) Neutralgrau für den vertikalen Anstrich und einige Decks, 162 (869) Basaltgrau für den Seitenpanzer, 110 (986) Achatgrau für die holzbeplankten Decks und 158 (870) Mittelgrau für das Persenning auf den Relings der vorderen und achteren Brücke.
Links mit dem deutschen U-Boot U 9 (1911), welches am 22. September 1914 HMS Cressy und ihre Schwesterschiffe HMS Aboukir und HMS Hogue versenkte. In der Mitte mit zwei weiteren Panzerkreuzern der Epoche, der britischen HMS Monmouth (1901) und der japanischen, in Großbritannien gebauten Iwate (1901, Zustand 1945). Rechts mit zwei neueren britischen Schiffen, dem Schwerer Kreuzer HMS Norfolk (1930) und der Fregatte HMS London (1987).
Quellen
- British Warship Recognition Volume III: Cruisers 1865-1939, Part 1 von Richard Perkins, Barnsley, 2017 (Zeichnungen der verschiedenen Bauzustände der Cressy) (Buchbesprechung)
- Foto der HMS Cressy um 1914 auf Flickr
- British warship photograph collection von Takagi Hiroshi, 2008 (Foto des Schwesterschiffs Hogue) (Buchbesprechung)
- Warships of the Great War Era. A History in Ship Models von David Hobbs, Barnsley (2014) (mit Foto eines Modells der Cressy im Imperial War Museum) (Buchbesprechung)
- Cressy (Schiff, 1901) (Wikipedia)
- Armoured Cruiser Cressy detailed in the original builder's plans von Andrew Choong, Barnsley, 2020 (das Buch enthält nur Pläne des ursprünglichen Bauzustands)
- British Cruisers of the Victorian Era von Norman Friedman, Barnsley, 2012 (Buchbesprechung)
- Cruisers in camera von Roger Hayward, Throup, 2000 (Buchbesprechung)
- Cruisers of the Royal and Commonwealth Navies von Douglas Morris, Liskeard, 1987 (Buchbesprechung)
- British Warships 1860-1906. A photographic record von Nicholas Dingle, Barnsley, 2009 (Buchbesprechung)
- Warrior to Dreadnought von D.K. Brown, London, 1997
- Conway’s All the World Fighting Ships 1860-1905 von Roger Gardiner (Herausgeber), London, 1979
Lars