Das Original
Als den Segelschiffen Dampf gemacht wurde, entstanden gar wunderliche Gebilde...
Кореец, Koreets, Koriets, Koreyets, Korejez usw. es gibt wohl so viele Schreibweisen wie Sprachen für den Namen dieses Schiffs, der „Koreaner“ oder Bürger Koreas bedeutet. Gebaut wurde das kleine Kanonenboot in Schweden bei Bergsund Mekaniska in Stockholm. Die zaristische Marine hatte im ausgehenden 19. Jahrhundert großen Bedarf an Schiffen und ließ sehr viele ihrer Einheiten im Ausland bauen. Nach der Kiellegung im Dezember 1885 und dem Stapellauf am 7. August 1886 erfolgte 1887 die Abnahme und Übergabe der Koriets. Ich finde es bemerkenswert, wie schnell damals Schiffe gebaut wurden.
Über die Zeit in der Ostsee 1887 bis 1895 habe ich keinen Aufzeichnungen gefunden. Nach ihrer Zuteilung zur russischen Pazifikflotte 1895 besuchte sie zahlreiche Häfen in Korea, Nordchina und sogar Japan, um dort den Stationsdienst zu versehen.
Mitte Mai 1900 verließ die Koriets gemeinsam mit anderen Schiffen unter der Führung des Admirals Weselago Port Arthur, um im Verband eines internationalen Geschwaders am 4. Juni 1900 an der Beschießung der Taku Forts teilzunehmen. Eine der vielen Aktionen zur Niederschlagung des Boxeraufstandes. Trotz der sechs Treffer, die das Schiff erlitt, der neun getöteten und 20 verletzten Besatzungsmitglieder, bewiesen Schiff und Besatzung große Standhaftigkeit und Tapferkeit bei diesem Gefecht. Offenbar im Zuge der Reparatur der Schäden nach diesem Gefecht wurde die Koriets ihrer Besegelung beraubt und die Masten gekürzt.
Anfang 1904 wurde Koriets zusammen mit dem Kreuzer Varyag von Port Arthur zum Haupthafen Koreas, Chempulo, verlegt, um dort die russischen Interessen zu verteidigen, nachdem sich die diplomatischen Spannungen zwischen dem zaristischen Russland und dem Kaiserreich Japan drastisch verschärft hatten. Am 9. Februar 1904, bei dem Versuch gemeinsam mit dem Kreuzer Varyag den Hafen zu verlassen und die japanische Seeblockade zu durchbrechen, kam es zur Seeschlacht von Chempulo. Letztlich ein aussichtsloses Unterfangen, denn die japanische Übermacht war einfach zu stark. Nach 52 Salven, die die Koriets erfolglos verfeuerte, denn die gegnerischen Schiffe lagen außerhalb der Reichweite ihrer Geschütze, gab die Koriets auf. Damit das Schiff nicht in die Hände des Gegners fiel, wurde es gegen 16:00 Uhr von der eigenen Besatzung gesprengt und versenkt. Der französische Kreuzer Pasquale nahm die Besatzung auf und diese konnte über Saigon nach Russland zurückkehren. In St. Petersburg angekommen, wurden alle Offiziere mit dem St. Georgs Orden, dem höchsten militärischen Orden, für ihre Tapferkeit ausgezeichnet.
Technische Daten:
Verdrängung: 1.334 t
Länge: 66,3 m (189,43 mm im Maßstab 1/350)
Breite: 10,7 m
Tiefgang: 3,5 m
Geschwindigkeit: max.13,5 kn
Reichweite: ca. 2.850 sm bei 8 kn Marschgeschwindigkeit
Besatzung: 12 Offiziere und 162 Mannschaften
Antrieb: Die Koriets verfügte über eine liegende Verbunddampfmaschine mit einer Leistung von 1.560 PS, die über eine Welle eine Schraube antrieb. Darüber hinaus hatte sie eine dreimastige Schonertakelung mit 3 Großsegeln (Gaffelsegel), 3 Stk. Rahsegel und 2 Stk. Stagsegel.
Bewaffnung: 2 Stk. 203 mm L/35 Kanonen M1885, 1 Stk. 152 mm L/35 Kanone M1887; 4 Stk. 107 mm, 2 Stk. 47 mm, 4 Stk. 37 mm, 1 Stk. 63,5 mm. Ein Lancierrohr für 381 mm Torpedos.
Das Modell
Venedig hat mir gut getan. Der Zauber dieser wunderbaren Stadt beflügelt mich im wahrsten Sinne. Das Glucksen der Kanäle noch in den Ohren und den Duft des Meeres noch in der Nase sitze ich hoch motiviert und ziemlich entspannt vor meinem PC auf der Suche nach den passenden Worten. Wie bei allem ist der Einstieg immer das schwierigste. Diese vermaledeiten Tasten versperren sich geradezu meinem Schreibanfall und in meinem Hirn verbreitet sich zunehmend gähnende Leere. Aber noch liegt es nicht zu lange zurück und ich weiß ganz genau, dass ich dieses Modell einst gebaut habe. Erinnerungsarbeit, in meinem Alter ein notwendiges Training gegen das Vergessen.
Es war einmal ein Bausatz...
...der lag auf Burkhards Tisch (BMK Modellbau) völlig einsam und unbeaufsichtigt herum. Klein aber fein untergrub sein reizender Anblick meinen Vorsatz, nichts mehr zu kaufen. Schwaches Menschlein, das ich nun einmal bin, gab ich der Begierde nach, zückte das Börserl und erwarb dieses Kleinod. Mir ist schon klar, dass diese Freude für normale Menschen und Modellbauer schwer zu verstehen ist, wo es doch so schöne große Bausätze von Schiffen mit ganz vielen Kanonen und Hunderten von Bauteilen gibt, aber ich liebte und liebe nun einmal diese sonderbaren maritimen Vehikel, die noch nicht so recht wissen, ob sie eigentlich schon ein Dampfer oder doch noch ein Segelschiff sind. Auf jeden Fall strecken sie zumeist keck ihren wuchtigen Rammbug ins Wasser und erzeugen damit unter geblähten Segeln, heftig dampfend, mächtige Bugwellen. Allein schon diese Vorstellung erfreut mein vielleicht etwas zu naives Gemüt.
Ich mag sie einfach, diese bizarren Ergebnisse der Schiffsbaukunst am Übergang vom Segel- zum Dampfschiff. Sollte der geneigte Leser oder die geneigte Leserin nun den Eindruck gewinnen, dass sich mein Geschmack in etwas sonderbaren Sphären bewegt, möchte und kann ich dem nicht widersprechen, erröte etwas beschämt, setze mein eigenartiges Treiben aber unbeirrt fort.
Von meinem Beutezug heimgekehrt, öffnete ich den frisch erworbenen Bausatz behutsam und mit kindlicher Freude träumend schritt das Modell vor meinem geistigen Auge bereits rasch der Vollendung entgegen. Dieses Träumen ist für mich eine der schönsten Phasen des Modellbaues. Alles ist noch unberührt und in meiner Phantasie bin ich auch exorbitant fehlerfrei. Noch ist nichts verhunzt, kein Teil unwiederbringlich verloren oder mit schrecklicher Farbe verunstaltet. In Gedanken erstrahlt das Modell in den schönsten Farben und Details, es blüht geradezu. Nun ist leider die Wirklichkeit meist anders. Alles was in der Vorstellung so schön und schnell von der Hand geht, entwickelt sich in den Niederungen der Realität als unglaublich mühevoll, zeitraubend, ja geradezu widerspenstig und zäh. Wie schade, dass es eben doch kein Märchen ist.
Der Bausatz selbst war einfach gehalten. Ein Rumpf und ein paar Kleinteile wie Decks, Schornstein, Masten, Lüfter und die Boote waren aus Resin gegossen, auf den ersten Blick recht fein und blasenfrei. Die auf zwei Rahmen aus Kupferblech untergebrachten Ätzteile erschienen allerdings von Anfang an als etwas zu derb.
Verwegen – ja, manchmal bin ich das – und die vorher beschriebene gedankliche Fertigstellung vor Augen, fasste ich den Plan, dieses Schiffchen bis zum nächsten März (damals also 2011) fertigzustellen. Es sollte ein ganz einfaches Modell, mehr oder weniger aus der Schachtel, werden. So zwischendurch und der puren Lust am Modellbau frönend. Der Irrtum ist der Schreiberin dieser Zeilen größte Neigung. Es kam gänzlich anders, wie sich unschwer erahnen lässt. Letztendlich verwendete ich nur wenige Teile des Bausatzes und die Fertigstellung sollte viel, ja geradezu unendlich viel länger dauern, als ursprünglich erträumt. Sich geradezu ewig hinziehen.
Damit dieser Prozess nicht in epischer Breite mündet, habe ich meinen Baubericht auf einige wenige Themen reduziert, ja geradezu destilliert, die ich nun eingehender beschreiben möchte.
Der Rumpf, das Wesentliche bei einem Schiff
Sofern es aus den verfügbaren Zeichnungen und Unterlagen ableitbar ist, passt der Rumpf in seinen Abmessungen und Proportionen ziemlich genau. Also, er sieht stimmig aus und kleinere Messfehler sind mir egal, denn schließlich möchte ich nicht zu einem Vermessungswettbewerb antreten und einem fertigen Modell von mir nähert sich sowieso niemand mit der Schublehre.
So schritt ich hurtig und voller Tatendrang ans Werk. Doch schon bald kam meine Krankheit wieder zutage, ein altes Leiden. Ich musste etwas zerschneiden. Es ist wie verhext, beinahe manisch, ich kann einfach keinen Bausatz verwenden, ohne ihm vorher mit Skalpell, Bohrern oder Sägen Gewalt anzutun. Es geht einfach nicht ohne diese anfänglichen Verstümmelungen.
In diesem Fall war es nicht gar so arg, nur die Geschützpforten wurden geöffnet und einige Luken aufgebohrt. Auf den ersten Blick, so in Resin pur, sahen die Oberflächendetails sehr fein gestaltet aus. Nach dem Aufbringen einer weißen Grundierung und einem ersten Washing wurden ziemlich starke Unsauberkeiten sichtbar, die mühsam mit dem Skalpell und/oder dem Glasfaserstift beseitigt werden mussten. Die Oberfläche des Rumpfes war für meinen Geschmack etwas zu fad und so wurden die Bullaugen aus 0,1 mm starkem Kupferdraht nachgebildet. Ich weiß schon, dass dies für Maßstabspuristen als Karikatur erscheinen mag, aber ich finde, am fertigen Modell machen sie sich ganz gut und verliehen ihm etwas mehr Plastizität. Das Gleiche gilt für den etwas erhabenen Beplankungsstreifen. Obwohl, da 0,1 mm im Maßstab 1/350 3,5 cm in der Natur entsprechen, kann dieser Ansatz so ganz falsch auch wieder nicht sein. Ein wenig Strukturierung tut der Oberfläche auch gut, da sonst die Gefahr besteht, dass der Rumpf in eintönigem Schwarz ersäuft.
Viele meiner Modelle stelle ich, wie mancherorts verpönt, „aufgespießt“ dar, also meist auf Messingstützen platziert, um die ganze Form des Schiffes zu zeigen. Bei dieser Variante wird die farbliche Gestaltung des Unterwasserschiffes zu einem heiklen Thema. Der häufig verwendete rotbraune Minium-Anstrich, homogen aufgetragen, wirkt meines Erachtens zu eintönig. Wie auch schon bei anderen Modellen habe ich mit Maskierungen die unterschiedlichen Plankengänge angedeutet. Zur Verstärkung der Stöße wurden diese noch mit einem Permanentmarker nachgezogen. Diese, sehr übertriebene, Differenzierung wird anschließend mit lasierenden Übersprühungen und Washings soweit vernebelt, dass die Struktur gerade noch zu erahnen ist. Es ist natürlich kein naturgetreues Abbild, aber bei der Betrachtung mit dem freien Auge sieht es ziemlich überzeugend aus. Auf jeden Fall führt es dazu, dass vor dem geistigen Auge des Betrachters bzw. der Betrachterin ein nahezu realistisches Abbild entsteht.
Die Decks, eine Streitfrage
An der maßstabsgerechten Darstellung von Holz entzündet sich so manch leidenschaftlicher Disput. Es ist ja auch eine besondere Gemeinheit, dass die Decks von Schiffen meist mit Teak belegt waren, das verbunden mit der Kalfaterung zwischen den Plankengängen einen eher grauen Eindruck vermittelt. Doch dem Auge erscheint es sofort klar, dass es sich hier um Holz handelt. Für die Modellbauer eine sehr schwierige, beinahe unlösbare Aufgabe. Ich schwanke immer wieder zwischen dem Verwenden von echtem Holz und einer Bemalung mit verschiedensten Schichten von Lasuren. Nun, hier ist die Koriets vielleicht ein gutes Beispiel, denn, nicht ganz freiwillig, gelangten hier beide Varianten zur Anwendung.
In meiner Vorstellung führt die Echtholzvariante zu einem recht naturnahen Eindruck.
Auf meine, wie ich meine, nicht sehr schwierige, aber zeitaufwändige Methode zur Herstellung von Decks möchte ich nun kurz eingehen.
Um ehrlich zu sein, ist es eine ziemliche Sauerei und ich empfehle, dies tunlichst an einem Freitag zu machen, denn die Hände bleiben, trotz heftigem Schrubben, auch am nächsten Tag unansehnlich, wenig öffentlichkeitstauglich und unter keinen Umständen damenhaft. Natürlich gibt es diverse Schutzhandschuhe, aber trotz zahlreicher Versuche kann ich mit diesen manches einfach nicht bewerkstelligen. Die süffisanten Fragen meiner Maniküre nehme ich fadenscheinige Entschuldigungen stammelnd in Kauf.
Zunächst schneide ich ein vorher etwas angeschliffenes Furnierblatt in dünne, gleichmäßige Streifen. Die Materialstärke von ca. 0,5 mm (entspricht 175 mm in der Natur) finde ich für den Maßstab 1/350 als durchaus entsprechend. Ich habe einmal bei einem sehr detaillierten Foto die Plankengänge nachgezählt und kam bei meinem Modell auf eine fast identische Anzahl.
Um die Kalfaterung darzustellen, werden die Seiten dieser Streifen gründlich mit Pastellkreide eingefärbt (bitte kein Schwarz verwenden, sondern dunkles Grau oder am besten gebranntes Umbra). So vorbereitet, verleime ich nun Streifen auf Streifen, bis sich eine genügend breite Fläche ergibt. Dieses ziemlich unansehnliche schwarzbraune Produkt lassen wir nun auf einer ebenen Fläche gut trocknen (am besten einige Tage).
Nach dem Trocknen rückt man diesem hässlichen Etwas mit einem Schleifblock zu Leibe und – oh Wunder – eine fein gezeichnete Plankenstruktur kommt zum Vorschein. Obwohl ich diesen Prozess nun schon einige Male durchgestanden habe, ist das Ergebnis immer wieder eine durchaus angenehme Überraschung.
Die Oberfläche kann nun entweder nur mit mattem Klarlack versiegelt oder mit entsprechenden Beizen vorsichtig getönt werden. In den meisten Fällen ist aber der originale Farbton wohl der Beste. Ich bevorzuge Birkenfurnier, denn dieses ist ausgesprochen hell, fast weiß und mit dem Schleifstaub der Pastellkreide entsteht ein leichter Grauton, der dem Original sehr nahe kommt.
Masten, Rahen und andere Staberl oder Mikado en miniature
So ein Schiff verfügt in der Regel über eine Unzahl von Stangen... fachsprachlich Masten, Rahen, Gaffeln, Spieren, Davits etc. genannt. Trotz besseren Wissens werden diese für viele Bausätze noch immer gerne aus Resin oder Plastik hergestellt. Ein ziemlicher Unsinn, denn diese meist weichen Materialien verformen sich oft schon von selbst, ganz ohne Einwirkung der Modellbauerin. Eine Takelage, wie fast immer notwendig, verträgt diese rückgratlose Biegsamkeit mit Sicherheit nicht.
Bei „Mainstream“-Modellen sorgen diverse Hersteller von Zurüstteilen für den entsprechenden Metallersatz. Da dies bei der Koriets nicht zu erwarten war, blieb mir nichts anderes übrig, als mich mit der Herstellung der Masten selbst auseinanderzusetzen.
Meine Methode mag jetzt nicht gerade durch besondere Professionalität überzeugen, ist aber bei Einzelanfertigungen leicht anzuwenden und bedarf keiner Spezialvorrichtungen. Messingprofile mit den benötigten Durchmessern sind im Fachhandel, so er noch existiert, gut zu beziehen. Passend abgelängt, werden sie mit einer kleinen Handbohrmaschine unter Zuhilfenahme diverser Metallfeilen konisch gedreht. Ich nenne dies die Nudelmethode, denn das lose Ende, welches nach der Behandlung verjüngt, also dünner sein sollte, „nudelt“ auf der Weichholzunterlage anfangs etwas hin und her. Schon bald bildet sich jedoch eine feine Einkerbung im Holz, welche den werdenden Masten die nötige Führung gibt. Ich hoffe mit den ergänzenden Fotos wird dem Leser, der Leserin verständlich, was ich meine.
Bei einem Schiff wie der Koriets kommt hier schon eine ganz ansehnliche Zahl von Teilen zusammen:
3 Masten, die aus insgesamt 7 Teilen bestehen, ein Bugspriet, 3 Stück Rahen und ebenfalls 3 Gaffeln und letztendlich noch 12 Davits unterschiedlicher Länge.
Die Segel, vom Winde verweht
Inspiriert von Jim Baumanns bewundernswertem Modell der Koriets und nach meinen ersten Segelbauerfahrungen mit dem Modell einer römischen Bireme, wurde ich verwegen und wollte meine Koriets ebenfalls unter vollen Segeln darstellen. Nun, jeder der sich bereits mit Modellsegelschiffen beschäftigt hat, weiß ein Lied davon zu singen, wie schwierig sich das Unterfangen, auch nur einigermaßen realistisch aussehendes Tuchwerk in diesem Maßstab zu verfertigen, gestalten kann.
Ich verwendete sogenanntes Jausenpapier (Butterbrotpapier). Da es leicht transparent ist, erschien es für mein Vorhaben gut geeignet. Nun zeichnete ich auf die Innenseite die Nahtlinien entsprechend der Zeichnung auf, schnitt das Ganze aus, bestrich die Innenseiten mit etwas verdünntem Weißleim und faltete die beiden Hälften zusammen. Seiner Natur gehorchend, warf sich das Papier voll Gram in schreckliche Falten und sah abscheulich aus. Zum Glück habe ich es nicht gleich weggeworfen, sondern wie geplant auf einer gebogenen Bleifolie fixiert und trocknen lassen. Gut getan, denn es wurde zwar nicht ganz glatt, aber hatte Beulen und Dellen wie echter Stoff. Nun bestrich ich auch die Außenseite mit dem Weißleim und mit der Zeit bekam das Gebilde nicht nur die richtige Form, sondern auch eine durchaus realistische Oberfläche. Hochglänzend zwar noch und zu transparent, aber dem konnte mit der entsprechenden Farbe leicht Abhilfe geboten werden.
Verschiedenste Studien mit unterschiedlichen Farbgebungen führten dann letztlich zu einem zufriedenstellenden Ergebnis. Eine weitere Herausforderung war das Vernähen der Segel mit den Rahen.
Sämtliche Verstärkungen habe ich wie beim Original zusätzlich angebracht, allerdings, man möge mir verzeihen, verklebt und nicht vernäht. War das Vernähen der Focksegel mit den Stagleinen unter Zuhilfenahme einer Vorrichtung gerade noch bewältigbar, so stellte mich das Anbringen am Modell dann vor eine schier unlösbare Aufgabe. Wollten die Segel doch so gar nicht freiwillig schön gebläht im Winde stehen. Ist ja auch kein Wunder, denn ich hatte vergessen, eine ständige Biese mit einzubauen. Letztlich habe ich mir dann mit, zum Glück nicht sichtbaren, ganz dünnen Metalldrähten geholfen. Viel Geduld wurde mir abverlangt, diese Vielzahl an Raffleinen auf den Segeln anzubringen. Kupferdrähte ablängen und jede Leine einzeln ankleben und dann lackieren. Ohne die beruhigende Wirkung eines schweren italienischen Rotweins schaffe ich das nicht.
Die Segel waren sicher der schwierigste und arbeitsintensivste Bauteil an diesem Modell. Aber die Modellbauerin vergisst schnell all die Plagen und Mühen und mit einem gewissen Abstand erfreut mich das Resultat schließlich immer wieder.
Die Takelage, das Schattenreich der dressierten Spinnen
Oft, sehr oft werde ich gefragt, wie denn so eine Takelage entsteht und vor allem um Himmels Willen, welches Material ich verwende. Um ehrlich zu sein, eine wirklich für alles anwendbare Methode habe ich noch nicht gefunden. Da gibt es wahre Großmeister der dressierten Spinnen, zu welchen ich mich leider nicht zählen kann. Mangels Begabung arbeite ich zumeist mit Nylonschnüren aus dem Anglerbedarf. Die gibt es in sehr unterschiedlichen Stärken und sie sind mir eigentlich sehr angenehm, da sie, wenn einmal verspannt, auch gegen unbeabsichtigte Berührungen relativ robust sind. Für gerolltes oder durchhängendes Tauwerk greife ich gerne zu ganz dünnem Kupferdraht. Immer wieder aber, meist nicht besonders erfolgreich, arbeite ich auch mit gezogenen Gußästen. Die beste Methode ist halt doch die, mit der Frau eine gewisse Übung hat und Routinen entwickeln konnte. Auch wenn ich nun schon viele Schiffchen getakelt habe, ist es doch immer wieder eine Art Neuanfang und eine Herausforderung. Das Schwierigste ist da wohl ein Segelschiff. Allein schon die richtige Trennung in laufendes und stehendes Gut verlangt detaillierte Kenntnis, wie so ein Schiff getakelt war. Der einzige Rat, den ich hier geben kann, ist, viel Geduld zu haben, immer wieder Versuche zu wagen und Neues auszuprobieren, vor allem aber – und das ist das Schwerste – den Mut aufzubringen, nicht Gelungenes oder nicht Zufriedenstellendes wieder zu entfernen. Ganz nebenbei sind das meines Erachtens überhaupt die wesentlichen Zutaten für ein gelungenes Modell.
Epilog, mit einer Träne im Knopfloch
Dieses kleine, auf Modellbauausstellungen meist untergehende, Modellchen hat mir viel Geduld und Mühe abverlangt. Manchmal habe ich es verflucht, dann aber doch wieder geliebt. Ich denke, es geht jeder so, wenn man sich so intensiv und so lange mit etwas beschäftigt, wächst es uns ans Herz. Vielleicht wird so meine Enttäuschung und mein Schmerz verständlich, als die Koriets beim Abbau einer Ausstellung 2015 abhanden kam. Ich war so verzweifelt, die Koriets war leider nicht das einzige Modell, das fehlte oder schwer beschädigt war, dass ich nahe dran war, den Modellbau überhaupt aufzugeben.
Nun, viele Jahre später – und das Schreiben war eine Art des therapeutischen Loslassens – geht es mir gut und ich bin wieder zufrieden in meine Welt der Miniaturen zurückgekehrt. Hoffentlich hat der nunmehrige Besitzer zumindest Freude an meinen Modellen.
Reminiszenzen an die Vergangenheit
In der Flugwerft Oberschleißheim, einer Dependance des Deutschen Museums München, fand alljährlich eine von Herman Unverdorben organisierte Modellbauausstellung statt, die ich über viele Jahre hinweg besuchte.
BMK, unter diesem Label verkaufte damals Burkardt Masch Kleinserienbausätze und stellte diverse Zurüstteile hoher Qualität für den Schiffsmodellbau her.
Referenzen
Flugwerft Schleißheim https://www.deutsches-museum.de
Den ukrainischen Hersteller meines Bausatzes Box261 gibt es wohl schon länger nicht mehr.
In der Zwischenzeit hat der bekannte Hersteller von Resin-Schiffsmodellen einen ganz wunderbaren neuen Bausatz herausgebracht (http://combrig-models.com).
An historischem Background gibt es zahlreiche Literatur zum Russisch-Japanischen Krieg, mir haben diese beiden Bücher aus meiner Bibliothek geholfen:
- Piotr Olender, Russo-Japanese Naval War 1904-1905, Vol. 1 und Vol. 2, Stratus Verlag, ISBN 978-83-89450-48-7 und 978-83-61421-02-3
- Vladimir Krestjanionov, Imperial Russian Navy 1890s - 1916, Uniform Press, ISBN 978-1906509-49-1
Und aus dem Netz:
Der Artikel wird gedruckt in der 2021/1-Ausgabe von Modell Panorama erscheinen.
Chloé Fanny Plattner