Wie andernorts schon festgestellt: Schoner sind schöner… Darum ein weiteres mal die intensive Beschäftigung mit diesem sehr gelungenen Bausatz der Yacht America von Revell. Das dieses Schiff schon aus dem Kasten sehr schön gebaut werden kann und einen vorzüglichen Zimmerschmuck abgibt, haben viele Leute hier und andernorts bereits bewiesen.
Deshalb möchte ich hier ein wenig von der "Aus dem Kasten"-Variante abweichen und die Schoneryacht in einem anderen Bauzustand als den sonst geläufigen darstellen. Die Yacht hatte eine sehr wechselvolle Geschichte, bis hin zur Versenkung in Dunn's Creek und ihrer Bergung und Wiederinstandsetzung im amerikanischen Sezessionskrieg. Von ihren privaten Eignern wurde das Schiff sehr geschätzt und in der Regel liebevoll behandelt, waren sie doch zu Recht stolz auf ihre berühmte Yacht.
Benjamin Butler kaufte sie 1873 für 5000 $, zwei Jahre später gab er einen umfassenden Ausbau der Yacht bei niemand geringerem als Donald McKay in Auftrag. Dieser änderte einiges am Rumpf und der Takelage. Auch mit dem neuen Rigg blieb die America erfolgreich. 1881 verlängerte man ihren Rumpf um 6 ½ Fuß, weitere vier Jahre darauf erfolgte ein weiteres Refit, diesmal durch den Yachtdesigner Edward Burgess, bei dem die Masten ihren charakteristischen Fall nach achtern verloren und nahezu senkrecht, ja sogar mit leichtem Fall nach vorn wieder eingestellt wurden. Mit diesen umfassenden Änderungen der Takelage wollte man das Rigg auf die leichteren Windverhältnisse an der amerikanischen Ostküste abstimmen. Diese beiden Umbauten, die Verlängerung des Rumpfes und den vorlichen Mastfall, habe ich bei meinem Umbau nicht berücksichtigt. Das erste aus purer Faulheit, den vorlichen Mastfall nicht weil es meiner Meinung nach doof aussieht – nicht schooner-like eben.
Viele weitere Informationen zum Schiff stehen im Netz, die Fotos im englischsprachigen Wikipediaartikel dienten gleichsam als Bauplan für den Ausbau zur „Burgess“-Yacht, viele weitere Bilder waren wichtig für die Ausführung der Takelage – die doch erheblich von der Stevens Takelung in den 1850er Jahren abweicht. Kurz vor Fertigstellung des Modells fand ich noch das Buch The Low Black Schooner: Yacht America von John Rousmaniere. Mit vielen weiteren Details insbesondere eine Bestätigung der kleinen Kanönchen mittschiffs...
Dieser Umbau hat viel Spaß gemacht, vielleicht werde ich versuchen, auch die Änderungen am Bug und die Verlängerung achtern mit einem weiteren Kit zu bauen.
Das Modell
Als Basis diente wie gesagt der gute, alte Revell-Bausatz der Yacht America, zur Verfügung stand die letzte Auflage des Bausatzes als „USS America“. Die kritische Beschreibung des Bausatzes gibt es u. a. hier, hier oder hier zu lesen.
Zu Beginn folgte ich noch dem Bauplan (sehr behilflich beim Zusammenkleben der beiden Rumpfhälften!), das war es dann aber auch schon… Die ersten Bilder zeigen bereits die ersten Änderungen am Rumpf, Anbringung der Püttingseisen außenbords, das eingeschlitzte Schanzkleid mit den ergänzten Schanzkleidstützen am Wassergang, die eingeklebten Kanthölzer für die Mastfüße sowie die Erhöhung des Schanzkleides am Bug.
Eine weitere Ausbaumaßnahme war die Neugestaltung des Decks an sich und seiner weiteren Einrichtung. Die gut gemeinten Holzstrukturen des Decks entfernte ich vollständig und ersetzte sie durch ein 0,2 mm starkes, in 2 mm breite Streifen geschnittenes selbstklebendes Furnier. Auf den alten Fotos war auch die erheblich veränderte Deckseinrichtung gut zu sehen. Die hinteren Deckshäuser behielt ich bei, Abt. X schickte mir sehr schnell ein angefragtes weiteres Deckshaus, ein zusätzlicher Niedergang wurde gebaut, der Küchenschornstein kam hinzu und eine größere Winde (zum Teil aus 1/35er Panzerrädern) wurde auf dem Backdeck installiert. Später kamen noch die Signalkanonen und die Davits für die drei Boote hinzu. Im hinteren Bereich der Yacht befand sich eine Reling, etwa vom Großmast bist knapp hinter das Cockpit. Ein Versuch diese aus Messing zu löten, schlug aufgrund mangelnder Erfahrung fehl, die zu diesem Zweck gebaute Schablone tat dennoch ihren Zweck bei Bau der Reling aus Polystyrol- Profilen. Die Verdickungen an den Durchzügen stellte ich mit Weißleimtropfen dar.
Komplett neu und aus Holz wurden sämtliche Spieren gebaut. Die Bausatzteile dienten nur als ganz grobe Vorlage, insbesondere für die Spierenstärken. Da eigentlich alles anders gebaut wurde, steckte hier einige Arbeit drin. Auf den Bildern sind die Unterschiede zu den Bausatzteilen gut sichtbar. Der Bugspriet ist nun wesentlich kräftiger und nurmehr einteilig ohne Klüverbaum und Stampfstock, das Focksegel bekommt einen Baum, insgesamt ist alles dicker und länger um die Segelfläche zu vergrößern. Die Gaffelklauen verwendete ich aus dem Bausatz, die Bäume waren wohl, nach den Fotos, mit Schwanenhälsen am Mast eingehängt, alle weiteren Mast- und Baumbeschläge entstanden aus Papierstreifen und Messingdraht.
Letzte Details des Decks waren die auf einigen Originalfotos gut zu sehenden Beiboote. Maximal drei Boote sind gleichzeitig auf den Bildern – rein der Symmetrie wegen könnten es vier gewesen sein – aber für ein viertes Boot gibt es keine Davits. Die Boote entstanden aus 1/100 Royal Navy Booten aus dem bekannten Victory-Bausatz. Mit einer Gräting, Spanten und Wegerungen ausgebaut, einer zum in der Sonne fläzen verlängerten Heckducht sehen sie schon eher nach einem Yachtbeiboot aus. Die Davits hatte ich im Fundus – gut wenn man allen Krempel aufhebt – so wurden die Boote an den Davits aufgehängt und mit aus Papier zugeschnittenen Haltebändern gesichert. Die Davits sind noch gegeneinander mit einem Fenderstab abgestützt. Die Fender selbst sind etwa 10 cm lange, aufgerollte Papierstreifen
Zur Bewegung der Takelage waren etwa 80 unterschiedliche Rollenblöcke notwendig, für das stehende Rigg 34 Jungfern. Die Blöcke in meinem Fundus hatten die richtigen Größen, waren jedoch etwas kantig. Nach kurzem überschleifen wurden die Blöcke gebeizt und dann eingebunden.
Die nächste, größere Arbeit war dann die Erstellung des Segelrisses. Das bedeutete, alle Spieren provisorisch aufzustellen und zu befestigen um dann mit Zeichenkarton die Segelschablonen anzufertigen. Diese dienten dann nach Anpassung und mehrfacher Korrektur als Vorlage für die Segel aus Japanpapier, hier wieder das bewährte Senkwa zu 40 gr per Quadratmeter. Das Japanpapier wurde in großzügiger Quantität mit parallelen Linien im Abstand von 5 mm überzogen, angelehnt an die in den O-Fotos zu sehenden Kleidersäume. Um bei jedem Segel einen Draht zur Ertüchtigung der Segelkanten einkleben zu können, wurden die Segel mit einem Überstand von etwa 3 mm ausgeschnitten. Einerseits sind die Segel so gut gegen einreißen geschützt, andererseits lassen sie sich so auch ein wenig formen. An den Segelecken endete der Draht in kleinen Augen zur Aufnahme von Halsen und Schoten. Fockstag, Fock- und Großsegel erhielten noch Reffbänder mit Bändseln zum Reduzieren der Segelfläche bei zunehmenden Winden. Mit einem einfachen Hilfsgerät waren so schnell 172 Bändsel vorbereitet. Mit einem kleinen Leimtropfen wurden sie beidseits der Segel auf dem Reffband befestigt. Solange die Segel noch vor mir auf dem Tisch lagen konnte ich sie einfach an die Gaffeln und Bäume binden, vollständig getakelt setzte ich sie an die Masten.
Die Mastringe entstanden aus 0,2 mm starkem, selbstklebenden Holzfurnier, das Perlrack aus kleinen Glasperlen auf Messingdraht.
Erst jetzt, mit gesetzten und getakelten Masten takelte ich das Stützrigg. Drei Vorstage, Schonerstag und die Wanten. Da bei diesem Ausbau der Yacht auch die Toppstengen mit Pardunen getakelt waren, erhielten diese zum Spreizen recht ausladende Spreizsalinge am jeweiligen Stengefuß.
Die gleichmäßige Befestigung der Wanten wurde mit einem einfachen Hilfsmittel gewährleistet. Zum Ausweben der Wanten zeichnete ich wiederum eine Schablone – die Webeleinen sind alle original geknotet, hier noch eine relativ übersichtliche Anzahl. Die bereits eingehängten Boote mussten allerdings nochmal entfernt werden da sie bei dieser Arbeit störten.
Die Flaggen und Wimpel entstanden aus demselben Material wie die Segel. Auf den O-Fotos sind sie gut zu sehen, Rousmaniere erwähnt zusätzlich die Beschaffung einer Flamme/Wimpel mit der Aufschrift „AMERICA“ von 22 Fuß Länge mit 24 Zoll hohen Buchstaben. Weiterhin ist im Vortopp ein Wimpel mit Butlers Initiale gesetzt und an der Gaffelpiek flattert die leicht abgewandelte Nationale, sie trägt in der Gösch einen Anker, kreisförmig von Sternen umgeben.
Aufgeständerte Modelle von Booten und Schiffen, hier mit Stützen aus gedrehtem Messing aus dem Fachhandel, müssen nicht unbedingt eine Besatzung tragen. Allein um die Größenverhältnisse zu veranschaulichen suchte ich mir dennoch Figuren die einigermaßen passten. Ich fand diese bei Perry Miniatures, in Metall aus dem Bereich American Civil War, zeitlich also halbwegs passend. Leichte Veränderungen, in der Regel nur durch Entfernen von Waffen aus den Händen, entstanden able seaman, inklusive Ben Butler der mit ein paar stinkreichen Kumpels im Cockpit am Chillen ist. Die Bordkatze druckte mir freundlicherweise Clubkollege Marc aus, dicht am Cockpit, wo am ehesten Leckereien zu erwarten sind.
Die ganze Zeit über war ich natürlich nicht allein. Der Mensch ist ein Gesellschaftstier, und so begleiteten mich während des ganzen Baues diese zwei zwar wortkargen aber bisweilen sehr hilfreichen 32'er Piloten…
Zum Schluss musste das Namensschild noch geringfügig geändert werden. Da sich das Schiff wieder in Privatbesitz befand entfiel das Präfix „USS“. Kurzer Hand abgeschnitten, den Rahmen wieder ergänzt, war das Schildchen fertig.
Man sieht auch hier, mit nur geringen Mitteln können die ständig wieder aufgelegten Bausätze (von wegen NEW!) durchaus erheblich aufgepeppt werden. Sehr langsam finden auch Plastiksegelschiffe Beachtung im Zubehörmarkt, so gibt es auch für die America bereits einen fertigen Segelsatz, einen Satz Blöcke und die korrekten Flaggen, allerdings nur für ihre Zeit bis zum Sezessionskrieg.
Und immer im Hinterkopf: Segelschiffe sind das Schönste, was der Mensch als Herdentier jemals zustande gebracht hat… frei nach J. Ruskin.
Quellen
- Wikipedia, die Fotos im englischsprachigen Teil
- John Rousmaniere, The Low Black Schooner: Yacht America
Frank Brüninghaus
Modellbauclub Koblenz