17.06.1922 - 100 Jahre erster Überflug über den Südatlantik

 


Heute vor 100 Jahren, am 17. Juni 1922, vollendeten Gago Coutinho und Sacadura Cabral der erste Überflug über den Südatlantik (siehe Jahrestage auf Modellmarine). Die beiden portugiesischen Marineflieger benutzten hierbei zum ersten Mal einen künstlichen Horizont für die Navigation. Der Überflug erfolgte nicht direkt, sondern in mehreren Etappen. Am 30. März 1922 ging mit der Fairey IIID "Lusitânia" von Lissabon nach Las Palmas; am 5. April weiter nach São Vicente, eine der Kapverdischen Inseln; am 17. April über Santiago (Kapverden) zum Sankt-Peter-und-Sankt-Pauls-Felsen, der bereits zu Brasilien gehört. Dort wurde die Maschine bei der Landung beschädigt, die Besatzung konnte aber von dem portugiesischen Kreuzer República gerettet werden. Auf dem brasilianischen Schiff Bagé wurde eine zweite Fairey IIID, genannt "Pátria", nach Fernando Noronha gebracht, von wo aus Coutinho und Cabral am 11. Mai wieder zum Sankt-Peter-und-Sankt-Pauls-Felsen fliegen wollten, um die Überquerung fortzusetzen. Ein Motorschaden zwang sie aber zur Wasserung. Nach neun Stunden wurden sie von dem britischen Passagierschiff Paris City gerettet. Darauf wurde eine dritte Fairey IIID, die "Santa Cruz" von dem portugiesischen Kreuzer Carvalho Araújo zum Sankt-Peter-und-Sankt-Pauls-Felsen gebracht, von wo aus der Flug am 5. Juni fortgesetzt wurde. Über Recife, Salvador da Bahia und Vitória ging es nach Rio de Janeiro, das am 17. Juni erreicht wurde. Der Kreuzer Carvalho Araújo brachte diese Fairey IIID zurück nach Portugal, wo man sie heute im Museu de Marinha in Lissabon besichtigen kann.

Das Original

Die portugiesische Marine kaufte 1920 zwei ehemals britische Sloops der Acasia-Klasse bzw. der Arabis-Klasse: Carvalho Araújo (ex HMS Jonquil) und República (ex HMS Gladiolus). Beide Schiffe wurden von der portugiesischen Marine als Kreuzer klassifiziert, was im Vergleich zu anderen damals relativ neuen Kreuzern merkwürdig wirkt, aber vielleicht durch einen ähnlichen Einsatzzweck wie ältere portugiesische Kreuzer bedingt war. 1932 wurden die beiden Schiffe zu Avisos 2. Klasse umklassifiziert, was ähnlicher zu der ursprünglich britischen Klassifizierung war. Beide Schiffe gehörte zu Unterklassen der Flower-Klasse - den Flower-Klasse des Ersten Weltkriegs.

Die Flower-Klasse unterteilte sich in mehrere Unterklassen. Die ersten drei Klasse sahen sehr ähnlich aus. Von diesen wurden 24 Schiffe der Acasia-Klasse, zwölf der Azalea-Klasse und 36 der Arabis-Klasse (plus acht für die französische Marine) gebaut. Die folgenden Klassen wurden modifiziert, um mehr wie Handelsschiffe auszusehen: die Aubrietia-Klasse (12 Schiffe) und die Anchusa-Klasse (28 Schiffe). Die Flower-Klasse wurde als Minensucher entworfen, im Ersten Weltkrieg später auch als Geleitschiff verwendet, weshalb die Bewaffnung von zwei 7,62-cm-Geschützen auf 10,2-cm-bzw. sogar 12-cm-Geschütze verstärkt wurde. Bei der Klassifizierung als Sloop verwendete die Royal Navy einen Begriff, der ursprünglich für kleinere Kreuzer genutzt wurde, die sich aber in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts immer mehr zu langsamen, ungeschützten Patrouillenschiffen entwickelten, die überwiegend in den Kolonien eingesetzt wurden. Ähnliche Schiffe wurden von anderen Marinen als Kanonenboot oder Aviso klassifiziert. Nach dem Ersten Weltkrieg verkaufte die Royal Navy viele der Flower-Klasse, die Schiffe, die sie behielt, wurde wieder überwiegend als klassische Sloops in Übersee eingesetzt. Neben Portugal kaufte noch die ägyptische, australische, belgische, chinesische, dänische, indische und italienische Marine Schiffe der Flower-Klasse. Andere wurden als Handelsschiffe genutzt.


Carvalho Araújo war 78,9 m lang, 9,9 m breit und verdrängte 1210 t. Der Antrieb bestand aus zwei Kesseln und einer Dreifachexpansions-Dampfmaschine, die 2750 PS leistete, womit 17,3 kn erreicht wurden (zur Maschinenleistung gibt es sehr unterschiedliche Angaben in der Literatur, die ich habe). Die Besatzung bestand aus 149 Mann. Die Bewaffnung bestand wahrscheinlich aus zwei 10,2-cm-Geschützen und zwei 7,6-cm-Flak.


Carvalho Araújo wurde als HMS Jonquil von Charles Connell and Company in Scotstoun gebaut. 1920 wurde sie für die portugiesische Marine gekauft, in Carvalho Araújo umbenannt und als Kreuzer klassifiziert. 1922 unterstützte sie den ersten Überflug des Südatlantiks durch Gago Coutinho und Sacadura Cabral. 1932 wurde sie zum Aviso 2. Klasse klassifiziert, 1937 zum Vermessungsschiff. Für letztere Aufgabe wurde sie umgebaut. Sie vermaß in den folgenden Jahren die See um Madeira, die Salvages Inselgruppe, Teile der Azoren, die Küste Angolas sowie São Tomé und Príncipe. Ende der 1950er gab es mehr und mehr Probleme mit dem Antrieb. Es wurde deshalb beschlossen ein neues Schiff als Ersatz anzuschaffen: Carvalho Araújo II (ex HMS Chrysantemum), eine ehemalige Korvette der Flower-Klasse aus dem Zweiten Weltkrieg. Carvalho Araújo wurde 1959 außer Dienst gestellt und am 13. November 1963 als Zielschiff durch die Fregatte Diogo Gomes versenkt.

Das Modell

Das Modell des portugiesischen "Kreuzer" NRP Carvalho Araújo im Zustand von 1922 mit der Fairey IIID "Santa Cruz" an Bord habe ich aus dem Bausatz der Hai Chow von Oceanmoon (siehe Bausatzbesprechung) umgebaut. Hai Chow war ebenfalls eine Sloop der Flower-Klasse, genauer der ähnlichen Arabis-Klasse. Für den Umbau orientierte ich mich primär an Fotos der Carvalho Araújo von 1922.

Die erste Herausforderung lag daran, die gewaltigen Angüsse unten am Rumpf und den Aufbauten zu entfernen, wobei man auch mit dem Seitenschneider sich so ungeschickt anstellen kann, dass der Rumpf bricht. Der Aufbau selbst ist für die Carvalho Araújo und die meisten Schwesterschiffe viel zu lang und musste achtern entsprechend gekürzt werden. Es gab auch keine Verbindung des Aufbaus vor der Brücke zum Back, so dass dieser Teil auch entfernt wurde. Im hinteren Teil wurde das Aufbaudeck auf die Breite des Deckshaus reduziert. Spätestens hier kann einem auffallen, dass die Proportionen nicht ganz stimmig sind. So ist der Bereich, in dem die Rumpfseiten bis zum Aufbau/Backdeck achtern hochgezogen sind, viel zu weit achtern. Ich verlegte ihn entsprechend weiter vorne. Leider hatte ich keine Pläne zu Verfügung, nur kleine Skizzen von verschiedenen Schwesterschiffen (u.a. Fylla ex HMS Asphodel in Atlantsejlerne) und eine in den Proportionen verzogene Zeichnung  der Carvalho Araújo in Navios Hidrográficos Portugueses. Die Schornsteine sind relativ flach dargestellt, schienen mir aber beim Original eher rund gewesen zu sein. Ich ersetzte die Schornsteine durch Messingrohre mit 2 mm Durchmesser. Das Peildeck auf der Brücke verlängerte ich etwas nach achtern, die mit Persenning behängte Reling stellte ich mit Fotoätzteilen von Ocean Spirit da, in die ich verdünnten Weißleim laufen lies. Auf der Brücke ergänzte ich noch eine Plattform auf dem Peildeck und die beiden Scheinwerferstände auf den Brückenflügeln.


Die genaue Bewaffnung konnte ich nicht ermitteln. Die beiden größeren Geschütze - meiner Interpretation nach 10,2-cm-Geschütze - bestehen aus Plastikteilen, Messingrohren und einem Schutzschild aus Papier. Die beiden leichten Geschütze - meiner Interpretation nach 7,6-cm-Flak, sind aus Teilen von Artist Hobby kombiniert mit einem Rohr von Master gebaut. Die Beiboote sind von Kombrig und PetrOs Modellbau, die Rettungsflöße aus der Restekiste (Aoshima?), die Ankerwinde von Starling Models und die Ankerketten von BJ-Modellbau. Die Masten sind aus Metallstäben. Die Fairey IIID "Santa Cruz" ist von SNAFU, die einen Propeller von WEM erhielt.

Für die Bemalung verwendete ich Acrylfarben von Vallejo Model Color. Die vertikalen Flächen bemalte ich mit 156 (905) Hellblaugrau und die Decks mit 110 (986) Achatgrau.

Links ein Vergleich mit einem älteren portugiesischen Kreuzer, der Dom Carlos I (1899). Rechts mit zwei anderen in Großbritannien gebauten Schiffen aus der gleichen Epoche, dem Flottillenführer HMS Valentine (1917) und dem Leichten Kreuzer ORP Dragon (1918):


Links mit zwei ähnlichen Schiffen aus der gleichen Epoche, dem dänischen Patrouillenschiff Hvidbjørnen (1929) und dem chinesischen "Kreuzer" Yixian (1931). Rechts mit zwei modernen Patrouillenschiffen, der spanischen Meteoro (2011) und der dänischen Knud Rasmusen (2008):

 

Quellen


Lars