29.01.1940 - 85 Jahre Eisdrift der Georgi Sedow
Vor 85 Jahren, am 13. Januar 1940, befreite der sowjetische Eisbrecher J. Stalin den Eisbrecher Georgi Sedow aus dem Packeis zwischen Spitzbergen und Grönland (siehe Jahrestage auf Modellmarine). Georgi Sedow war 812 Tage durch das Packeis von Ost nach West durch die Arktis gedriftet. Es gab mehrere Versuche sie aus dem Packeis zu befreien, auch der damals neue Eisbrecher J. Stalin unternahm mehrere Versuche. Im Januar 1940 gelang es ihr schließlich. Am 3. Januar war sie schon relativ nahe heran gekommen - bis auf 25 Seemeilen. Für die restlichen Seemeilen brauchte sie aber wegen des Eis zehn Tage bis sie Georgi Sedow erreichte. Das Schiff wurde auch mit Hilfe von Sprengladungen aus dem Eis befreit und konnte so am 29. Januar Murmansk erreichen.
Das Original
Der sowjetische Eisbrecher J. Stalin (И. Сталин) war das Typschiff einer Klasse von vier Schiffen des Projekts 51, die 1935-41 gebaut wurden. Die vier Schiffe waren alle nach führenden Stalinisten und Verantwortlichen für den Großen Terror und für zahlreiche andere Verbrechen benannt: J. Stalin, Lasar Kaganowitsch, Wjatscheslaw Molotow und Anastas Mikojan. Alle diese Verbrecher lebten noch als die jeweiligen Schiffe in Dienst kamen, passend zum damaligen Personenkult. Es ist auf jeden Fall sicher einer der Schiffsklassen, wenn nicht die Schiffsklasse, mit den abstoßendsten Namen, die man sich vorstellen kann.
Die Stalin-Klasse war für die Erforschung und die Nutzbarmachung der Nordostpassage gedacht. Die älteren vorhandenen Eisbrecher reichten hierfür nicht mehr aus. Es gab zwei Projekte: ein diesel-elektrisch angetriebener Eisbrecher und ein Entwurf, der auf der älteren durch Dampfmaschinen angetriebenen Krasin beruhte. Da letzterer Entwurf schneller umzusetzen war, wurde er priorisiert. Die Eisbrecher der Klasse waren zeitweise die stärksten Schiffe des Typs. Im Vergleich zu den Vorgängern wurde die Unterbringung der Besatzung sowie die Funk- und Navigationsausrüstung verbessert. Es gab an Bord mehrere Laboratorien, u.a. für hydrologische, geochemische und biologische Forschung. Achtern waren die Schiffe für das Mitführen von einem großen Flugboot und zwei kleineren Flugzeugen ausgelegt. Für deren Ein- und Aussetzung war ein großer Tormast (Zweibeinmast) vorhanden.
Drei der vier Schiffe wurden während des Zweiten Weltkriegs bewaffnet und dienten überwiegend in der Arktis - Ausnahme war Wjatscheslaw Molotow , die nicht ganz fertiggestellt während des Kriegs in Leningrad blieb und als Bunkerstation diente. Nach dem Tod Stalins wurden die ersten drei Schiffe umbenannt: Admiral Lazarew (ex J. Stalin, ab 1958 Sibir), Admiral Lazarew (ex Lasar Kaganowitsch) und Admiral Makarow (ex Wjatscheslaw Molotow). Nach dem Krieg wurde der große achtere Tormast entfernt und stattdessen kam eine Hubschrauberplattform an Bord (auf einem Teil der Schiffe sogar schon vor der Entfernung des Tormasts!). Sibir (ex Admiral Lazarew ex J. Stalin) erhielt einen Dieselantrieb (oder nur ölbefeuerte Kessel?), wobei der achtere Schornstein entfernt wurde, sowie eine modifizierte Brücke. Die Schiffe der Klasse dienten bis in die 1960er, Sibir sogar bis Anfang der 1970er.
J. Stalin war 106,9 m lang, 23,1 m breit und verdrängte 11.000 t. Der Antrieb bestand aus neun Kesseln und drei Dreifachexpansions-Dampfmaschinen mit 10.030 PS, womit 15,5 kn erreicht wurden. Die Besatzung bestand aus 142 Mann.
J. Stalin wurde 1935-38 von der Baltischen Werft in Leningrad (heute St. Petersburg) gebaut. Sie wurde beschleunigt fertig gestellt, um den seit 1937 im Packeis eingeschlossenen Eisbrecher Georgi Sedow zu befreien. Es ist mir etwas unklar, wann sie dies zum ersten Mal versuchte, schon 1938 oder erst 1939? In dieser Zeit soll sie auch die Nordostpassage zum ersten Mal in einer Saison in beide Richtungen durchquert haben. Im September 1939 versuchte sie auf jeden Fall zusammen mit dem Eisbrecher Fjodor Litke das eingeschlossene Schiff zu erreichen. Sie kamen auch bis auf 60 Seemeilen an dieses am 83. Breitengrad heran, mussten aber dann aufgeben. Im Dezember 1939 lief J. Stalin erneut aus und konnte dann am 13. Januar 1940 Georgi Sedow befreien.
Nach dem deutschen Angriff auf die UdSSR wurde J. Stalin bewaffnet und operierte weiter in der Arktis. Am 15. Januar 1942 wurde sie von einem deutschen Bomber getroffen, wobei vier Mann der Besatzung getötet und 17 verwundet wurden. Wegen der Schäden wurde das Schiff nach Seattle zur Reparatur geschickt, wo ihre Bewaffnung noch mal verstärkt wurde. Nach dem Krieg wurde sie nach Wladiwostok verlegt, wo sie 1953-58 modernisiert wurde (was bedeuten kann, dass sie nie als Admiral Lazarew in Dienst war und der Name nur während der Werftliegezeit vorgesehen war?). 1958 wurde sie in Sibir umbenannt. Bis 1971 unterstützte sie die Schiffe in der Nordostpassage, danach diente sie zu geologischen Untersuchungen von Sachalin und der Suche nach Erdölvorkommen im Fernen Osten. 1973 wurde Sibir ausgemustert und zum Abwracken nach Hong Kong verkauft.
Das Modell
Das Modell des sowjetischen Eisbrechers J. Stalin im Maßstab 1/700 baute ich aus dem Bausatz der Mikojan von HP Models (Bausatzbesprechung) um. Ich wollte den Zustand um 1940 darstellen, aber die meisten Fotos sind nicht datiert, deshalb entschied ich mich für den Bauzustand, als sie eine Polikarpow U-2 an Bord hatte (1938?). Eigentlich hätte ich sie lieber so gebaut, wie sie auf den Plänen zu sehen ist: mit einem Dornier Wal und zwei Polikarpow U-2 und dem gewaltigen Tormast achtern, um die Flugzeuge ein- und aussetzen zu können. Aber ich fand keinerlei Beweise dafür, dass je ein Dornier Wal an Bord war, nur, dass eine U-2 an Bord war. Deshalb entschied ich mich für den Zustand mit nur einer U-2. Zumindest hatte sie für die Flugzeuge den Tormast und eine Plattform sowie weitere Vorrichtungen um achtern ein Flugzeug zu lagern erhalten - und es gibt auch Fotos (siehe hier) mit einer U-2 dort.
Der Bausatz der Mikojan stellt einen Zustand mit Bewaffnung ab 1942 dar. D.h. ich musste erst einmal an die Entwaffnung gehen, also die Unterbauten für die Flak auf dem Vor- und Achterschiff, vier Flakwannen auf dem Oberdeck sowie zwei Flakwannen auf den Aufbauten entfernen. Die Entfernung der Teile auf dem Oberdeck ist aufwendiger, da diese Decks holzbeplankt waren und der Bausatz diese mit relativ tiefen Gravuren darstellt. Die Brücke ist für HP Models relativ gut gemacht. Die Schanzkleider sind sehr dünn gegossen und die Teile konnten leicht von den Angüssen befreit werden. Allerdings gibt es zahlreiche Unterschiede zwischen der Brücke des Bausatzes und der der J. Stalin im gewählten Bauzustand. Das ist mir aber ungeschickterweise erst aufgefallen, als ich die Brücke schon zusammen gebaut hatte. Beim Bausatz hat das mittlere Deck des Brückenaufbaus, die eigentliche Brücke, vollkommen geschlossene Flügel und auf dem obersten Brückendeck (Peildeck) gibt es offene Brückenflügel. Für mein Modell musste ich die mittleren der Brückenflügel öffnen, also alles oberhalb der Reling entfernen, und außerdem die oberen Brückenflügel komplett entfernen. Das Deckshaus auf dem unteren Brückendeck reichte beim Original nicht bis vorne zur Reling, sondern man konnte an diesem vorne vorbei gehen. Ich korrigierte dies nicht, da ich ansonsten die gesamte Brücke vorne hätte komplett neu bauen müssen (was wahrscheinlich ein in jeder Hinsicht besseres Ergebnis produziert hätte!). Die Wachhäusern an den Enden der unteren Brückenflügel musste ich dann aus Plastikplatten wieder neu bauen. Auf der Vorderseite des Peildecks ergänzte ich eine runde nach vorne über die Brückenfront herausragende Plattform, wo der Entfernungsmesser stand (der diente der Navigation).
Die Lüfter stellten mich vor einige Rätsel, da auf den Fotos es hier Unterschiede gibt bzw. manche Lüfter auf den Fotos einfach nicht erkennbar waren. Die Pläne, die mir vorlagen, waren sehr einfach und meist auch in sehr geringer Auflösung. Die Masten baute ich aus Metallstäben von Albion Alloys neu, die Plattformen sind aus Plastikplatten. Die Schlepprinne achtern fehlte, so dass ich sie in das Heck schliff (die Fender dort muss ich noch ergänzen). Ein Deckshaus am achteren Schornstein war zu groß und musste verkleinert werden, um Platz für den Schornstein zu machen. Die Schornsteine bohrte ich etwas auf und entdeckte dabei, dass der oberere Teil falsch war. Diese stellte ich aus Papier da, wofür Sven für mich eine Aufwicklung konstruierte, vielen Dank hierfür! Die beiden kleinen Deckshäuser mittschiffs baute ich etwas zu weit achtern an, was ich allerdings erst bemerkte, als es an den Bau der verschiedenen kleinen Kräne ging, die ich aus Plastikteilen und Metallstäben neu gebaut habe. Achtern ergänzte ich eine große Winde hinter der vorhandenen Winde, fand aber erst ein besseres Foto als ich bereits die Plattform für das Flugzeug darüber gebaut hatte. Nicht so gute Fotos waren auch ein Problem bei den Davits, die wahrscheinlich eher wie ein umgedrehtes V aus zwei Rohren gebaut waren. Auch die Motorboote konnte ich auf den Fotos nicht erkennen, weshalb zwei übrig gebliebene britische Boote aus einem Bausatz von Aoshima an Bord kamen. Die vier Rettungsboote sind von Starling Models. Auch die genaue Ausstattung an Scheinwerfern war mir nicht klar. Neben zwei Scheinwerfern auf dem Peildeck in den seitlichen Ausrundungen (die sind nicht gesichert) kamen noch vier weitere Scheinwerfer auf die Brückenflügel, die Plattform am Fockmastmast sowie auf die untere Plattform auf dem Tormast achtern. Die Polikarpow U-2 ist Northview Foundry. Auf den Fotos der J. Stalin mit einer U-2 an Bord (siehe hier) sieht man ein Exemplar ohne Flügel, Motor, Seitenruder, Höhenleitwerk und Rädern (bzw. Skiern). Auch wenn dies die einzigen Fotos mit einem Flugzeug an Bord sind, die ich gefunden hatte, entschied ich mich die U-2 komplett an Bord zu nehmen.
Für die Bemalung benutzte ich Acrylfarben von Vallejo Model Color, die auf eine Grundierung von Tamiya aufgebracht wurden. Für den Rumpf verwendete ich 167 (995) Anthrazitgrau, für Aufbauten 4 (820) Cremeweiß, die hölzerne Reling im Bereich der Brücke 139 (846) Mahagonibraun und die Lüfter 121 (913) Ockergelb (außen) und 28 (909) Verkehrsrot (für die angedeutete Öffnung und auch das Schornsteinband). Die Schornsteine und Masten sind auch ockergelb. Die Polikarpow U-2 ist mit 22 (911) Hellrotororange gestrichen. J. Stalin hatte irgendwann zwischen Beginn des Zweiten Weltkriegs und dem deutschen Angriff auf die UdSSR an beiden Rumpfseiten auf einem weißen Feld groß "USSR" als Hinweis auf ein neutrales Schiff geschrieben. Ich weiß nicht, ob diese Aufschrift auch schon im Januar 1940 vorhanden war (was gut möglich ist), aber wie schon geschrieben orientierte ich mich an den Fotos als eine U-2 an Bord war.
Links mit zwei älteren sowjetischen schweren Eisbrechern, auf denen der Entwurf der J. Stalin beruhte: Krasin (1917, ex Swiatogor) und Jermak (1899) (beide Eisbrecher hatten erfolglos versucht Georgi Sedow aus dem Packeis zu befreien). Rechts mit zwei neueren schweren Eisbrechern, der sowjetischen Lenin (1959) und der US-amerikanischen USCGC Burton Island (1946).
Links mit dem sowjetischen Frachteisbrecher Georgi Sedow (1909), der 1940 von der J. Stalin gerettet wurde. Rechts mit zwei späteren Eisbrechern, die als Polarforschungsschiffe gebaut wurden: der japanischen Shirase (1982) und der deutschen Polarstern (1982).
Quellen
- Eisbrecher aus aller Welt von Bernd Oesterle, Berlin, 1988
- Sibir (brise-glace, 1937) (franz. Wikipedia)
- Сибирь (ледокол, 1938) (russ. Wikipedia)
- Stalin-Klasse (Wikipedia)
- Brise-glaces du passage du Nord-est et de la Baltique von Gilles Barnichon, La Failaise, 2011 (Buchbesprechung)
- «Иосиф Сталин» / «Сибирь» , линейный ледокол (über J. Stalin auf polarpost.ru)
- H-187 (У-2) (über die Polikarpow U-2 auf der J. Stalin auf polarpost.ru)
Lars